Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
meine Woche begann mit der Sitzung der AG Landwirtschaft. Wir sprachen unter anderem über die Agrarminister*Innenkonferenz, die in der vergangenen Woche stattfand. Dort ging es um die Ausgestaltung der nationalen Strategie für die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP).
Die Strategiepläne sind ein zentrales Element der GAP-Reform. In ihnen wird anhand einer Analyse der jeweiligen Voraussetzungen und Bedürfnisse festgelegt, wie jeder Mitgliedstaat die GAP-Instrumente einsetzen wird, um die spezifischen Ziele der GAP sowie die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen. Leider blieb die elfstündige Videokonferenz ohne Ergebnisse. Insbesondere die Umschichtung der GAP-Mittel wurde kontrovers diskutiert. Für mich und die SPD ist klar: Wir brauchen eine Neuausrichtung der Förderung für die Landwirtschaft nach dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“.
In der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag sprachen wir unter anderem über die Ergebnisse des Koalitionsausschusses vergangene Woche. Wir wissen, dass die Corona-Krise vor allem die Schwächsten in unserer Gesellschaft trifft. Im Koalitionsausschuss haben wir uns dafür eingesetzt, dass sie in dieser Krise nicht vergessen werden. Auf Druck der SPD erhalten Erwachsene
Grundsicherungsempfänger*Innen nun eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 150 Euro. Darüber hinaus erhalten alle Empfänger*Innen von Arbeitslosengeld II kostenlos FFP2-Schutzmasken. Denn Gesundheitsschutz in dieser Pandemie darf auf gar keinen Fall eine Frage des Geldbeutels sein.
Ebenso müssen wir dafür sorgen, dass wir allen Kindern in dieser Krise weiterhin den gleichen Zugang zu Bildung ermöglichen. Damit auch bedürftige Schüler*Innen mit den notwendigen Endgeräten für das Homeschooling ausgestatten sind, werden wir deshalb die Anschaffungskosten für Endgeräte erstatten. Zudem werden wir den erleichterten Zugang in die Grundsicherungssysteme bis zum 31. Dezember 2021 verlängern, um den krisenbedingten plötzlich in Not geratenen Selbständigen und Beschäftigten mit kleinen Einkommen eine Absicherung zu ermöglichen.
Corona verlangt Familien zurzeit besonders viel ab. Sie kommen seit Monaten an ihre Belastungsgrenzen und darüber hinaus. Deshalb legen wir auch den Kinderbonus erneut auf: Pro Kind wird auf das Kindergeld ein einmaliger Kinderbonus von 150 Euro gewährt.
Auch im Kulturbereich konnten wir im Rahmen des Koalitionsausschusses Verbesserungen erzielen. Kinos und Theater sind seit Monaten geschlossen, es finden keine Konzerte, keine Lesungen statt. Corona trifft Künstler*Innen besonders hart. Deshalb unterstützen wir die Kulturbranche mit einer weiteren Milliarde Euro. Dieses Geld fließt in unser Rettungsprogramm „Neustart Kultur“, das allen Kulturschaffenden auch in Zeiten nach der Pandemie wieder auf die Beine helfen soll.
Natürlich treibt uns die Debatte um mögliche Lockerungen alle um. Die Belastungen für Familien, Junge, Alte, den Kulturbereich, die Wirtschaft und den Handel sind groß. Zwar sinken derzeit die Infektionszahlen. Gleichzeitig wissen wir aber noch zu wenig über die Auswirkungen der Mutationen des Virus. Und leider sind wir auch beim Impfen noch nicht so weit, wie wir gehofft hatten. Deshalb dürfen wir nicht aufs Spiel setzen, was wir in den vergangenen Wochen unter großer Anstrengung erreicht haben. Gleichzeitig müssen wir den Menschen nun auch wieder eine Perspektive bieten und das langfristig. Auch innerhalb der Fraktion führen wir darüber eine breite Debatte und tauschen uns eng mit den Ländern und Expert*Innen aus unterschiedlichsten Bereichen aus.
Am Mittwoch hat das Bundeskabinett das neue Insektenschutzgesetz und eine Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung beschlossen. Zahlreiche regionale oder artspezifische wissenschaftliche Studien belegen den Rückgang der Artenvielfalt bei den Insekten sowohl innerhalb Deutschlands als auch international. Nach aktuellem Forschungsstand ist der Verlust der Strukturvielfalt und die qualitative Verschlechterung von Insektenlebensräumen eine Hauptursache. Weitere Probleme sind die intensive Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden, der Eintrag von Nähr- und Schadstoffen in unsere Böden und Gewässer sowie die Lichtverschmutzung. Mit dem vom Umweltministerium vorgelegten Insektenschutzgesetz werden erstmals Regelungen gegen die Lichtverschmutzung als einem Mitverursacher des Insektensterbens getroffen. Außerdem werden zusätzliche für Insekten besonders wichtige Lebensräume unter Schutz gestellt, ohne dafür eine eigene Schutzgebietsausweisung zu benötigen. Auch der gesetzliche Biotopschutz wird ausgeweitet auf artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern. Diese Biotope sind wichtige Insektenlebensräume, die von Landwirt*Innen als Kulturlandschaft geschaffen wurden und die bewahrt werden müssen.
Die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung liegt in der Verantwortung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Nach der Verordnung des Ministeriums werden in nationalen Schutzgebieten (Naturschutzgebieten, Nationalparken, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen) Herbizide sowie bienen- bzw. bestäubergefährliche Insektizide verboten. In den europäischen Schutzgebieten (FFH-Gebiete) gibt es Ausnahmen für Sonderkulturen wie z.B. Gartenbau, Obst- und Weinbau, Hopfen, Saatgut- und Pflanzgutvermehrung. Von den zuständigen Landesbehörden können zudem zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt Ausnahmen von den Verboten erteilt werden.
Mit den vom Bundeskabinett beschlossenen Vorlagen werden einerseits die im Aktionsprogramm Insektenschutz beschlossenen Maßnahmen bundesweit umgesetzt, aber auch die Möglichkeit eröffnet, dass rechtliche Regelungen der Bundesländer, wie z. B. der niedersächsische Weg, der Landwirt*Innen für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel belohnt, weiterhin möglich sein werden.
In den vergangenen Tagen sind zahlreiche Landwirt*Innen auf die Straße gegangen, um gegen die geplanten Änderungen zu protestieren. Der Protest der Landwirt*Innen zeigt, dass wir uns stark voneinander entfernt haben. Das bedauere ich sehr. Viele Landwirt*Innen fürchten angesichts neuer Auflagen um ihre Existenz und fühlen sich im Stich gelassen. Diese Situation hätte man mit einer zukunftsfähigen und vorausschauenden Agrarpolitik seitens des Landwirtschaftsministeriums vermeiden können. Uns ist bewusst, dass die Debatte zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsinteressen nicht immer einfach war in der letzten Zeit. Aber es ist möglich, beide Seiten zusammenzuführen. Was uns eint, ist die langfristige, die nachhaltige Perspektive: Wer heute die Insekten schützt, sorgt dafür, dass Landwirtschaft auch morgen noch möglich ist.
Während beim Insektenschutzgesetz der Deutsche Bundestag und der Bundesrat an den parlamentarischen Beratungen beteiligt sind, sind bei der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung lediglich die Bundesregierung und der Bundesrat beteiligt. Wir werden im parlamentarischen Verfahren zum Insektenschutzgesetz darauf achten, dass es zu einem fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Insektenschutzes und denen der Landwirt*Innen kommt.
Am Nachmittag sprach ich mit Vertreter*Innen der Schwarz-Gruppe. Thema war die geplante Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes mit der die Bundesregierung die EU-Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken umsetzt. Dabei ging es auch um die Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelwirtschaft.
Den Rest des Abends verbachte ich im Plenum.
Den Donnerstag verbrachte ich dann größtenteils im Plenum, wo ich unter anderem die Unterrichtung durch die Bundesregierung zur Datenstrategie verfolgte. In der Pandemie erleben wir zurzeit jeden Tag, wie wichtig – und ja, zum Teil auch lebenswichtig – es ist, dass Daten erhoben, geteilt und genutzt werden. Aber nicht nur in der Wissenschaft – auch in der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Verwaltung können und müssen Daten verantwortungsvoll bereitgestellt und genutzt werden. Dazu hat die Bundesregierung eine Datenstrategie erarbeitet, zu der mehr als 1300 Befragungsteilnehmer*Innen aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft ihre Expertise und Vorschläge eingereicht haben. Außerdem sind die Empfehlungen verschiedener Kommissionen mit eingeflossen. Klar ist: es braucht eine moderne Infrastruktur, um Daten zu verarbeiten. Dazu gehören Quanten- und Hochleistungscomputer sowie Mikroelektronik und Computerchips der neusten Generation, aber auch europäische Cloud-Projekte wie „Gaia-X“. Wenn es uns gelingt, diese Infrastrukturen in Deutschland und Europa aufzubauen, werden wir im weltweiten digitalen Markt unabhängiger.
Die Digitalstrategie zeigt auch, dass der Staat und die öffentliche Verwaltung besser werden müssen: Deutschland braucht eine digitale Verwaltung, damit sich der Service für die Bürger*Innen deutlich verbessert.
Nachdem ich am Freitag die Plenardebatte zur Reform des Bundespolizeigesetzes verfolgte, ging es für mich zurück in die Heimat.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende.
Bleiben Sie/bleibt gesund.
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB