Wochenbericht für die 46. Kalenderwoche 2019

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

die zweite Sitzungswoche in Folge begann für mich ausnahmsweise in Hannover. Dort findet derzeit vom 10. bis 16. November die Weltleitmesse für Landtechnik, namens AGRITECHNICA, statt. Die AGRITECHNICA ist das Schaufenster der globalen Landtechnikindustrie und Forum für die Zukunftsfragen der Pflanzenproduktion. Die Hinfahrt war etwas holprig. Der Zug war total überfüllt und so musste ich auf der Fahrt von Bielefeld nach Hannover am Boden Platz nehmen. Wenn wir den Ausstoß von CO2 im Verkehr wirklich reduzieren wollen, müssen wir künftig auch dafür sorgen, dass klimafreundliches Reisen auch attraktiv für die Bürgerinnen und Bürger ist. Das fängt bei den Ticketpreisen, einem besseren Schienennetzausbau und – da wo es nötig ist – einer höheren Zugfrequenz an.
Auf der Messe angekommen, traf ich mich mit Vertretern des Geoinformationsdienstes GIW. Wir führten ein ausführliches Gespräch über die staatliche Masterplattform. Klar ist: wir müssen mit der Masterplattform zügig vorankommen, bevor andere Unternehmen ein Monopol in der IT-Landwirtschaft für sich beanspruchen. Ziel muss ein schneller, effektiver und unkomplizierter Austausch von staatlichen und landwirtschaftlichen Interessen über die Masterplattform sein. Am Beispiel Niedersachsen können wir seit September sehen, wie ein solcher Datenaustausch aussehen kann. Um die Probleme innerhalb des Nährstoffmanagements in der Region zu lösen, wurde von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Auftrag des Landes die Datenbank ENNI (Elektronische Nährstoffmeldungen Niedersachsen) programmiert. Künftig müssen Landwirtinnen und Landwirte die verwendeten Düngemengen an die Datenbank melden. Der Düngebehörde der Landwirtschaftskammer ist es durch ENNI nun möglich, die Nährstoffströme noch zielgerichteter zu kontrollieren und damit für eine effiziente Minderung der Nährstoffüberschüsse in Niedersachsen zu sorgen.
Anschließend besuchte ich den Messestand eines Landtechnik-Herstellers. In einem Zukunftsworkshop zeigte das Unternehmen in beeindruckender Weise, wie die Zukunft der Landwirtschaft aussehen kann: IT-gesteuerte Drohnen und Hybridfahrzeuge pflegen und bewirtschaften die Landschaft und das alles geräuschlos, zielorientiert und ressourcenschonend.
Am Abend fuhr ich nach Berlin.

Die am Wochenende erzielte Einigung des Koalitionsausschusses zur Grundrente war am Dienstag Thema der Fraktionssitzung. Nach monatelangem Ringen haben sich die Spitzen der SPD, CDU und CSU am Sonntag auf einen Kompromiss geeinigt. Die Idee einer Grundrente, welche die Lebensleistung der Bürgerinnen und Bürger honoriert, die etwa Kinder betreut und Angehörige gepflegt haben und deshalb nur wenig in die Rentenkasse einbezahlen konnten, ist zutiefst sozialdemokratisch. Der von uns geforderte Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung hat das Vorhaben der Grundrente allerdings zu einer großen Herausforderung für die Koalition werden lassen. In den Medien überschlugen sich die Nachrichten über ein mögliches Ende der Regierungszusammenarbeit, sollte es keine Einigung geben. Ich glaube, dass wir uns wieder stärker bewusstwerden sollten, dass politischer Streit in der Sache zu einer lebhaften Demokratie und am Ende auch zu einem guten Kompromiss gehören. Und dass wir diesen mit der Union nun erzielt haben, macht aus meiner Sicht deutlich, dass diese Koalition willig und in der Lage ist, politische Vorhaben umzusetzen. Mit der Grundrente ist uns ein großer Schritt gelungen, ebenso mit den Verbesserungen bei der Pflege und der damit verbundenen Entlastung der Angehörigen bei den Pflegekosten. Auch die Besserstellung für viele Beschäftigte in Paketzustellbetrieben ist ein Erfolg der SPD. Ich finde, wir sollten nicht ständig so tun, als würde diese Regierung rein gar nichts für die Bürgerinnen und Bürger tun. Gleichwohl bedeutet das natürlich keineswegs, dass es nicht noch mehr als genug Baustellen gibt, die wir anpacken müssen.

Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen vor dem Fraktionssaal

Nichts weniger als unsere Antwort auf eine der größten aktuellen Menschheitsaufgaben stand in dieser Sitzungswoche im Mittelpunkt der parlamentarischen Beratungen: der Klimaschutz. Nach intensiven Verhandlungen in der Regierung haben wir uns im Oktober auf Regeln geeinigt, mit denen wir unsere internationalen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verlässlich erreichen können. Dabei geht es um gesetzlich verbindliche Ziele für Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Energie und Industrie. Ob durch die Maßnahmen in diesen Bereichen ausreichend Treibhausgase eingespart werden oder ob nachgelegt werden muss, wird jährlich kontrolliert und von einem unabhängigen ExpertInnenrat überprüft. Über diese Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft sprachen wir in der Ausschusssitzung am Mittwochvormittag.

Am Nachmittag wurde dann die Plenardebatte zum Direktdurchführungsgesetz aus der letzten Woche nachgeholt. Die europäische Agrarordnung ist meiner Meinung nach nicht dazu da, dass Großeigentümer, wie wir sie beispielsweise im Lebensmitteleinzelhandel vorfinden, auf den Knochen der Landwirte das Geld generieren, mit dem sie das Eigentum der Landwirte kauft. Das sollte einem doch sehr zu denken geben und zeigt einmal mehr, dass ein Kurswechsel in der Agrarpolitik dringend notwendig ist. Ein Kurswechsel bedeutet auch, eine Vision zu haben. Eine Vision davon, wie wir uns die Zukunft der Landwirtschaft vorstellen. Ich für meinen Teil wünsche mir eine leistungsfähige, den Zielen der Nachhaltigkeit und des Tierwohls verpflichtete, wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die auf hohem Niveau sichere Lebensmittel produziert.

Der nächste Morgen begann mit einer Podiumsdiskussion zur Halbzeitbilanz in der Agrarpolitik. Gemeinsam mit den agrarpolitischen Sprechern der Fraktion stellten wir die Agrarpolitik auf den Prüfstand. Was haben wir bereits erreicht, was nicht und wo müssen wir dringend tätig werden. Ich habe mich sehr über die große Teilnehmerzahl gefreut.

Die Agrarpolitik auf dem Prüfstand

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion ging ich ins Plenum, wo wir über die Abschaffung des Solidaritätszuschlages abstimmten. Der Zusammenhalt in unserem Land hängt von der wirtschaftlichen und sozialen Sicherheit der Bevölkerung ab, deshalb schaffen wir für 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler den Soli ab. Die reichsten zehn Prozent im Land sollen den Soli weiterzahlen; in voller Höhe werden dies nur noch weniger als vier Prozent der Menschen tun. Sie leisten weiter ihren Beitrag, damit wir in die Zukunft investieren können: in Chancen für unsere Kinder, in Klimaschutz, Forschung und Entwicklung. 
Am Abend verfolgte ich im Plenum die Plenardebatte über die Reduzierung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel.

Nachdem wir am Freitagvormittag nach einer kurzen Beratungszeit im Plenum mehrere Klimaschutzgesetze verabschiedet haben, folgte am Nachmittag eine Plenardebatte zur Digitalisierung der Landwirtschaft. Die Digitalisierung in der Landwirtschaft schreitet voran und bietet Möglichkeiten, die Bürokratie zu bewältigen und effizienter und auch ressourcenschonender zu arbeiten. Für mich ist die entscheidende Frage, wer den Zugriff auf die Daten hat und dadurch Einfluss auf wichtige Entscheidungen nehmen kann. Deshalb müssen Datenmanagementsysteme offen sein und standardisierte Datenformate müssen unabhängig von globalen Großunternehmen sein. Um das zu verhindern, müssen wir allerdings zügig am Aufbau der staatlich initiierten Agrar-Masterplattform arbeiten.

Bevor ich mich von Ihnen und Euch für diese Woche verabschiede, möchte ich mich noch einmal zur Wahl unserer Parteispitze äußern. Vom 19. Bis 29. September haben die Genossinnen und Genossen Zeit ihr Spitzenteam für die SPD zu wählen. Die Wahl über unseren Parteivorsitz ist wichtig und richtungsweisend, darum rufe ich alle Genossinnen und Genossen auf, wählen zu gehen. Ob digital oder per Briefwahl – Eure Stimmen zählen.
Mein Votum kennt Ihr, ich werde aus Überzeugung Olaf und Klara wählen. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass eine kluge Kombination aus Ost und West vor dem Hintergrund einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung im Land längst überfällig ist. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir ein kompetentes Team an der Spitze der Sozialdemokratie. Was wir aus meiner Sicht gerade in schwierigen Zeiten jedoch nicht brauchen, ist der Verzicht auf einen Führungsanspruch der Sozialdemokratie. Ich bin überzeugt, mit Olaf und Klara bringen wir das Land unter der Führung der SPD nach vorne. Also, bitte geht wählen!

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und schönes Wochenende!

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB