Wochenbericht für die 38. Kalenderwoche 2020

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

ob beim Klimaschutz oder am Arbeitsplatz – mit Blick auf unsere Gesundheit oder unsere Ernährung: Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche unseres Lebens und Wirtschaftens und geht deshalb alle etwas an. Damit der Deutsche Bundestag regelmäßig und ausführlich über den Umsetzungsstand der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ins Bild gesetzt wird, haben wir bei unserem Koalitionspartner auf eine Plenarwoche „Nachhaltigkeit und Klima“ gedrungen und zum ersten Mal ressort- und themenübergreifend in einer Plenarwoche ausbuchstabiert.
Meine Woche begann mit einem Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. Gemeinsam mit den geladenen Sachverständigen sprachen wir über aktuelle Fragen zum Grundwasserschutz. Dabei ging es unter anderem um die Konzeption des deutschen Nitratmessstellnetzes sowie um Fragen der Belastbarkeit des Messstellennetzes und der Rückverfolgbarkeit zu Nitrat- bzw. Phosphat-Eintragsquellen. Herr Dr. Bach von der Universität Giessen betonte, dass die Messnetze nicht schuld am Nitratproblem seien, denn die Nicht-Wirksamkeit von den seit 1960 eingeleiteten Maßnahmen sei unabhängig vom Messnetz. Klar ist: die Nitrataufbereitung für sauberes Trinkwasser ist schlicht zu teuer und aufwändig. Darum müssen die Maßnahmen der Düngeverordnung besser greifen.
Im Anschluss an das Fachgespräch tagte unsere AG Landwirtschaft. Wir sprachen mit unserem zuständigen Haushaltspolitiker Ulli Freese über die Planung des Landwirtschaftsetats.
Der Tag endete mit dem Treffen der Landesgruppe Niedersachsen.

In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir in dieser Woche über die unhaltbaren Zustände im Lager Moria auf der Insel Lesbos. Seit dem Brand vergangene Woche sind die dort lebenden Geflüchteten obdachlos. Die Bilder, die uns von den Straßen von Lesbos erreichen, sind bestürzend. Was wir jetzt sofort brauchen ist akute humanitäre Hilfeleistung auch zur Versorgung der Coronafälle vor Ort. Ebenso brauchen wir so schnell wie möglich konkrete Lösungen, um Griechenland langfristig zu entlasten. Die Aufnahme Geflüchteter durch mehrere europäische Länder lief zuletzt mehr als schleppend. Im Rahmen einer Sondersitzung der EU-Innenminister sollte daher weiter an einer Aufnahme von Geflüchteten im Rahmen einer europäischen Koalition der Vernunft gearbeitet werden. Klar ist aber auch, dass wir für eine grundsätzliche Lösung eine umfassende Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik und des gemeinsamen europäischen Asylsystems brauchen.
Im Anschluss an die Fraktionssitzung führte ich mit Vertretern des Bayerischen Jagdverbands ein Gesprächstermin zur Novellierung des Jagdgesetzbuches. Hintergrund des Gesprächs war die bevorstehende Novellierung des Bundesjagdgesetzbuches.

In der Ausschusssitzung am Mittwochvormittag sprachen wir unter anderem über die Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes. Wegen Verzögerungen bei der GAP-Reform hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Übergangsverordnung vorgelegt. Dieser ermöglicht den Mitgliedsstaaten auch eine Umschichtung von bis zu 15% der Direktzahlungsmittel in die zweite Säule. Dank des Einsatzes der SPD-Bundestagsfraktion haben wir einen Umschichtungssatz von 6% bei unserem Koalitionspartner aushandeln können. Dies ist zwar ein richtiger Schritt, allerdings reichen 6% Umverteilung meiner Meinung nach nicht aus, um die fortschreitenden Klimaveränderungen, dem Artensterben und der zunehmenden Wasserverschmutzung adäquat begegnen zu können. Wir brauchen eine zweistellige Umschichtung, um die im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele wie die Flächenerhöhung des ökologischen Landbaus auf 20 %, tierwohlgerechte Ställe sowie die Förderung nach regionalen Wertschöpfungsketten erreichen zu können.

Am Donnerstagmorgen hielt ich eine Plenarrede zum Thema Klima und Umwelt. Wenn ich an die Themen Klima, Umwelt und natürliche Lebensgrundlagen denke, dann denke ich an die Zukunft. Zukunftsorientierte Reden waren in der morgendlichen Debatte allerdings nicht zu hören. Das fand ich schade, denn ich bin überzeugt davon, dass wir hier in Deutschland das notwendige Know-how haben, um in puncto nachhaltige und klimafreundliche Produktion voranzugehen. Für mich bedeutet Nachhaltigkeit respektvoll umzugehen mit den Menschen in der Land- und Ernährungswirtschaft, mit der Gesellschaft und ihren Ansprüchen, mit den nachfolgenden Generationen, die ein Recht auf unversehrte Ressourcen haben und natürlich mit Natur und Umwelt in unserem Land. Um das Ziel einer klimafreundlichen und gemeinwohlorientierten Nahrungsmittelproduktion zu erreichen, bedarf es als Grundlage zunächst der zusammenhängenden Diskussion einer großen Bandbreite von Themenkomplexen – wie u.a. Nährstoffkreisläufen, Schadstoffminderung, Ressourcenschutz, Klimaneutralität und weiteren zentralen Aspekten. Darum lud ich am Donnerstagnachmittag zu einem Kick-off-Treffen zum Kennenlernen sowie zu einer fachlichen Diskussion ein.

Und es hat sich gelohnt: Zu Gast waren renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, mit denen ich über die Gestaltung von geeigneten Rahmenbedingungen und Leitlinien für eine zukunftsfähige Lebensmittelproduktion sprach. Diese Themen erfordern aus meiner Sicht eine viel engere Zusammenarbeit von Wissenschaft, Praxis und Politik. Ich persönlich habe tiefsten Respekt vor der Wissenschaft und Forschung in Deutschland. Deutschland ist einer der Top-Wissenschaftsstandorte weltweit. Aber Wissenschaft bedeutet auch interdisziplinärer Austausch. Viel zu selten erreichen wissenschaftliche Erkenntnisse die Öffentlichkeit oder auch die Politik. Das muss sich dringend ändern.

Am späten Nachmittag ging es dann wieder ins Plenum, wo ich zur aktuellen Lage der Afrikanischen Schweinepest (ASP) redete. Es ist nur eine Frage der Zeit gewesen bis die ASP auch nach Deutschland gelangt. Dass Drittstaaten daraufhin ihre Schweinefleisch-Importe aus Deutschland einstellen, war allen Akteuren im Voraus bewusst und verdeutlicht nur noch einmal, wie labil unser auf Export getrimmtes Wirtschaftssystem ist. Der Ausbruch der ASP zeigt die Anfälligkeit unseres Systems und wie wichtig es ist, jetzt eine entscheidende Veränderung vorzunehmen. Was wir brauchen, ist ein regionales Ernährungssystem. Ein System, das auf innerbetriebliche Nährstoffkreisläufe setzt, anstatt auf volatile Abhängigkeiten vom Weltmarkt. Dies brauchen wir auch vor dem Hintergrund der fatalen Auswirkungen auf unsere Umwelt.

Am Freitag verfolgte ich die Plenardebatte zu Nord Stream 2. Angesichts des Giftanschlags auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny forderten Bündnis 90/Die Grünen den Baustopp der Gaspipeline. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hielt eine energische Rede, in der sie unsere Position glänzend vertrat. Mit dieser Haltung erschweren Bündnis 90/Die Grünen die Energiewende. Die Alternative zu Nord Stream 2 wäre die ökonomisch und ökologisch schlechtere Option: Frackinggas aus den USA.
Im Anschluss an die Debatte ging es für mich zurück in die Heimat.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende!

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB