Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
eine ereignisreiche und intensive Sitzungswoche liegt hinter mir. Nach zwei aufeinanderfolgenden Wahlkreiswochen ging es für mich wieder in die Bundeshauptstadt. Dort angekommen, nahm ich an der Sitzung der PG 5 teil. Zu Gast war der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung Prof. Dr. Friedrich Huber Esser. Mit ihm sprachen wir über den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR). Dabei handelt es sich um ein Instrument zur Einordnung von Qualifikationen im deutschen Bildungssystem mit dem Ziel, zum einen die Orientierung im Bildungssystem zu erleichtern und zum anderen zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifikationen in Europa beizutragen. Prof. Dr. Esser hob hervor, dass mit dem DQR insbesondere die Mobilität sowie das lebenslange Lernen in Europa gefördert werden. Allerdings mangelt es dem Instrument noch an der notwendigen Bedeutung, Bekanntheit und gesellschaftlichen Akzeptanz. Hier sieht er Handlungsbedarf und warb für die Bindung des DQR an eine rechtliche Regelung.
In der Fraktionssitzung am Dienstag standen vor allen Dingen die anstehenden Plenarberatungen zum Konjunkturpaket im Vordergrund. Die Koalition hatte sich am 3. Juni auf ein umfassendes Konjunkturpaket zur Bewältigung der Corona-Folgen geeinigt. Ziel ist es, durch schnell wirkende konjunkturelle Stützungsmaßnahmen die geschwächte Kaufkraft zu stärken und neue Wachstumsimpulse zu setzen. Diese Maßnahmen sollen passgenau, sozial gerecht und ökologisch zukunftstauglich sein. Mit insgesamt 130 Milliarden Euro handelt es sich dabei um das größte Konjunkturprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik. Es beinhaltet ein Programm für Familien, Kommunen, Auszubildende, kleine und mittelständische Unternehmen, für die Kultur und die Umwelt. Wir wollen die Chance nutzen und unser Land modernisieren – dazu investieren wir in die Energie- und Mobilitätswende, in die Digitalisierung und in die soziale Infrastruktur, etwa in Kitas und Schulen.
In dieser Woche werden wir im Bundestag drei große Gesetzesvorhaben zu dessen Umsetzung in 1. Lesung beraten: ein zweites Corona-Steuerhilfepaket, ein zweiter Nachtragshaushalt 2020 sowie ein Haushaltsbegleitgesetz 2020.
Wie Sie/Ihr vielleicht wissen/wisst, habe ich in der letzten Woche erfolglos das Gespräch zu Vertretern des weltweit agierenden Fleischverarbeiter Danish-Crown gesucht, um mit ihnen wie auch schon mit den Betrieben Westfleisch und Tönnies die Themen Werksvertrag, Unterbringung und Tarifvertrag anzugehen. Da der vereinbarte Termin letztendlich nicht stattfand, besuchte mich die Geschäftsführung des Unternehmens am Mittwoch in Berlin. Ebenfalls anwesend war ein Vertreter Tönnies.
Die prekären Arbeitsbedingungen, die mangelhafte Unterbringung von Arbeitnehmern sowie die mangelnde Einhaltung von Hygienestandards in der Ernährungswirtschaft sind nicht erst mit der Corona-Pandemie entstanden. Sie werden jetzt nur wirklich sichtbar, wie der massive Corona-Ausbruch im Rheda-Wiedenbrücker Tönnies-Schlachthof erneut zeigt. Über 700 Personen haben sich infiziert, weitere Testergebnisse stehen noch aus. Ich frage mich, was wir von Tönnies und Co noch erwarten müssen? Während sich die Bürgerinnen und Bürger in der Region diszipliniert an alle Vorgaben halten, Mütter und Väter sich endlich (nach monatelangem Homeoffice und Homeschooling) über die Öffnung von Kita und Schule freuen konnten, leidet eine ganze Region unter der Arbeitsweise eines Produktionszweiges.
Wie lange machen die vielen mittelständischen Weltmarktführer, wie zum Beispiel Miele, Bertelsmann oder CLAAS im Landkreis Gütersloh das noch mit? Auch die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werden aufgrund eines unverbesserlichen Unternehmers riskiert. Am Ende bezahlt die starke Region Gütersloh den sozialen und wirtschaftlichen Preis für den Großschlachter Tönnies.
Dass es vor allem Fleischbetriebe sind, die sich in der Pandemie mit großen Infektionsgeschehen konfrontiert sehen, zeigt, dass es sich hierbei um ein systematisches Problem handelt. Und dieses gilt es endlich anzupacken! Immerhin hat sich der Tönnies-Konzern in unserem letzten Gespräch für einen Mindestlohn von 12 Euro sowie eine mögliche Umsetzung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages in der Fleischindustrie, der nur durch die großen Schlachtkonzerne umgesetzt werden kann, ausgesprochen. Dies sind erste Schritte in die richtige Richtung, die so zügig wie möglich umgesetzt werden sollten. Allerdings setzen wir uns zudem dafür ein, dass auch die Werkverträge in der Fleischwirtschaft endlich abgeschafft werden. Während der Zerlegebetrieb WestCrown am Donnerstag bekannt gab, dass ihr Unternehmen zukünftig auf Werkverträge verzichten und rund 230 Werkvertragsarbeitnehmer übernehmen wird, warte ich auf diese Einsicht bei Tönnies bislang vergeblich.
Im Plenum haben wir am Nachmittag an den Volksaufstand in der ehemaligen DDR am 17. Juni 1953 erinnert. Rund um den 17. Juni 1953 sind in über 700 Städten und Gemeinden der damaligen DDR sowie in Ostberlin die Arbeiter in Streik getreten. In weit über tausend Betrieben und Genossenschaften streikten die Mitarbeiter, die in ihren Demonstrationen nicht nur wirtschaftliche Missstände anprangerten, sondern auch die Ablösung der Regierung, freie Wahlen, Demokratie und die Einheit Deutschlands forderten. An den vielfältigen Aktionen dieses Volksaufstands beteiligten sich rund eine Million Menschen. Bis dieser schließlich von Soldaten und Panzern der Sowjetarmee niedergeschlagen wurde.
Im Anschluss führte ich ein Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion über das Investitionsprogramm für Stallumbauten. Im Rahmen des Konjunkturpakets hat der Koalitionsausschuss beschlossen, mit rund 300 Mio. Euro in den Umbau der Tierhaltung zu investieren. Mit der Union diskutierten wir darüber, welche Anforderungen ein tiergerechter Stalllbau erfüllen muss. Es ist wenig überraschend, dass unsere Auffassung darüber weit auseinander ging.

Auf meinem Weg zurück ins Büro traf ich auf Vertreter von Land schafft Verbindung, die in der Nähe des Brandenburger Tors in Berlin demonstrierten. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wir haben offen und ehrlich miteinander gesprochen. Ich habe unter anderem darauf hingewiesen, dass entlang der gesamten Produktionskette Arbeitnehmer von teils miserablen Arbeitsbedingungen betroffen sind und hier Solidarität nötig ist.
Den Donnerstag und Freitag verbrachte ich größtenteils im Plenum sowie im Büro.
Bevor ich mich jedoch von Ihnen und Euch ins Wochenende verabschiede, möchte ich auf diesem Wege auf die offizielle Corona-Warn-App der Bundesregierung hinweisen. Diese ist ab sofort im Google Play Store sowie im Apple App Store kostenlos erhältlich. Wer die App nutzt, hilft, Infektionsketten schnell nachzuverfolgen und zu durchbrechen. Die Daten sind komplett anonymisiert und verschlüsselt und die Nutzung ist freiwillig. Mein Appell: Bitte nutzen Sie / nutzt diese App.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und schönes Wochenende!
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB