Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
meine Woche begann am Montag mit einem Besuch der Homann Feinkost GmbH in Dissen. Hintergrund des Besuches war der geplante Verkauf der Homann Feinkost-Salatsparte. Es scheint, als würden die Homann-Mitarbeiter*innen in Dissen nicht zur Ruhe kommen. Bereits 2017 bangte die Belegschaft um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Damals gab der zur Theo-Müller-Gruppe gehörende Homann-Aufsichtsrat bekannt, dass die Homann Feinkost GmbH die Produktion ihrer Werke in Dissen, Lintorf, Bottrop und Floh-Seligenthal schließen wird. Die Schließung konnte letztendlich durch den gemeinsamen Druck der Beschäftigten, der Gewerkschaften und der Politik verhindert werden. Der nun geplante Verkauf der Feinkost-Salatsparte bereitet den betroffenen Mitarbeiter*innen Sorgen. Bislang ist der Ausgang der Verhandlungen mit möglichen potenziellen Käufern nach wie vor offen. Ich werde mich auch dieses Mal wieder dafür einsetzen, dass Arbeitsplatzverluste für die Angestellten in Dissen vermieden werden.
Am Dienstag sprachen die Mitglieder der AG Landwirtschaft mit dem Vorsitzenden der Zukunftskommission Landwirtschaft – Prof. Peter Strohschneider – über die Arbeit der Kommission. Die im September 2020 eingesetzte Kommission, bestehend aus Vertreter*innen aus Umwelt, Politik, Landwirtschaft und Wissenschaft hat den Auftrag, eine Zukunftsvision für die deutsche Landwirtschaft zu erarbeiten. Nach nunmehr 10 Monaten intensiver Diskussionen soll der finale Zukunftsbericht Ende Juni 2021 endlich vorgestellt werden. Ich bin sehr gespannt, welche Empfehlungen und Vorschläge die 32 Mitglieder für die Ziele der Landwirtschaft in Deutschland erarbeitet haben.
Am Nachmittag fuhr ich nach Osnabrück, wo ich an der feierlichen Eröffnung des Islamkolleg Deutschland e. V. teilnahm. Der von muslimischen Gemeindeverbänden, Theolog*innen, Wissenschaftler*innen und Personen des öffentlichen Lebens Ende 2019 gegründete Verein bietet eine theologisch praktische Ausbildung von deutschsprachigem religiösen Betreuungspersonal für die hiesigen Moscheegemeinden an. Bislang kommen die Imame der 2.500 deutschen Moscheegemeinden meist aus dem Ausland. Umso mehr freue ich mich, dass wir nun in Osnabrück die erste staatlich geförderte Ausbildungsstätte für islamische Geistliche haben. Dies ist ein wichtiger Beitrag für die gesamtgesellschaftliche Anerkennung des Islam in Deutschland. Schon in diesem Jahr soll der erste Ausbildungsjahrgang starten.
Am Mittwoch wurde ich von meinem Bundestagskollegen Johann Saathoff an die Wattenmeerküste nach Ostfriesland eingeladen, um mit den dort ansässigen jungen Landwirt*innen, die gerade den elterlichen Betrieb übernommen haben, die aktuelle Lage und Politik zu diskutieren. Und so ging es für mich am Mittwochmorgen nach Dornum. Die Gemeinde ist landwirtschaftlich und touristisch geprägt und Teil der nachhaltigen Entwicklungszone des Biosphärenreservats Niedersächsisches Wattenmeer. Im Rahmen eines 2016 umgesetzten Kooperationsvertrags mit der Biosphärenreservatsverwaltung hat sich die Gemeinde dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet. Folglich spielte das Thema „nachhaltige Entwicklungszone des Biosphärenreservats Niedersächsisches Wattenmeer“ eine große Rolle für die Landwirt*innen vor Ort. Denn der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies wirbt dafür, dass sich die Küstengemeinden dieser Entwicklungszone anschließen. Viele Landwirt*innen befürchten jedoch, dass sie dadurch mit noch mehr Auflagen konfrontiert werden. Gemeinsam mit Johann Saathoff und den teilnehmenden Landwirt*innen sprachen wir darüber, wie der niedersächsische Weg und die nachhaltige Entwicklungszone des Biosphärenreservats zusammenpassen und wie Landwirtschaft auch zukünftig an der Küste rentabel bleibt.

Die Lage im Wald ist weiterhin kritisch. Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der Waldzustandserhebung gehören zu den schlechtesten seit Beginn der Erhebung im Jahr 1984. In den letzten zwei Jahren wurden durch Bund und Länder über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und dem Konjunkturpaket 1,5 Milliarden Euro als kurzfristige und unbürokratische Hilfe für den Wald bereitgestellt. Ohne eine nachhaltige Anpassung der Rehwild-Bestände durch die Neuregelung der Abschussplanung, um die Verjüngung des Waldes im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, werden diese Gelder regelrecht ‚aufgefressen‘. Wir haben uns aktiv für die erfolgreiche Novellierung des Bundesjagdgesetzes eingesetzt und standen in den letzten Wochen für Verhandlungen mit der Union bereit. Doch die Union war mit Konflikten innerhalb der eigenen Reihen zwischen Waldbesitzern und der Jägerschaft beschäftigt. Auch ein Spitzentreffen zwischen der Bundeskanzlerin und dem bayerischen Ministerpräsidenten konnte die Konflikte innerhalb der Union nicht auflösen. Nun nach über acht Wochen haben wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wieder ein Lebenszeichen erhalten. Überraschend ist allerdings, dass die zwischen Bundesumwelt- und Landwirtschaftsministerium geeinte Fassung nicht mehr zur Diskussionsgrundlage steht. Es ist fraglich, was diese Rollerückwärts soll. Die von Union vorgeschlagene 3+1-Lösung ist bei weitem unzureichend und verantwortungslos gegenüber den aktuellen Herausforderungen der Waldbesitzer. Wir stehen weiterhin zum Regierungsentwurf und sind nicht bereit, aufgrund vereinzelter Lobbyinteressen innerhalb der Union diesen zurechtzustutzen. Der vorliegende Regierungsentwurf ist ein gemeinsamer Kompromiss, der die Eigenverantwortung der Jagd vor Ort durch die Verständigung der Parteien des Jagdpachtvertrages über einen jährlichen Abschussplan stärkt. Es ist zu bedauern, dass die Union ihre Ministerin Julia Klöckner im Stich lassen und die Bundesjagdnovelle scheitert.
Am Donnerstag initiierte die Friedrich-Ebert-Stiftung gemeinsam mit der Agricultural and Food Ethics Association of Turkey (kurz: TARGET) einen türkisch-deutschen Dialog zur Agrar- und Lebensmittel-Ethik. Gemeinsam mit Agrarwissenschaftlern aus Deutschland und der Türkei diskutierten wir darüber, wie die Politik soziale Gerechtigkeit mit einem nachhaltigen Wandel in der Agrar- und Ernährungswirtschaft gestalten kann. Es war ein sehr konstruktiver Austausch.
Am Nachmittag nahm ich an einer Podiumsdiskussion der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (WAFG) teil. Im direkten Vorfeld der Bundestagswahl lud die WAFG Vertreter*innen aller Fraktionen ein, um mit ihnen über die verbraucherpolitischen Entwicklungen zu spechen – von der erweiterten Nährwertkennzeichnung bis hin zur europäischen „Farm to Fork“-Strategie. Ernährungsbedingte Krankheiten infolge von Ernährungsarmut und Fehlernährung sind ein wachsendes Problem – mit hohen Folgekosten für das Gesundheits- und Sozialsystem. Verbraucher*innen werden in Deutschland zu wenig im Bemühen um gesunde Ernährung unterstützt. Im Gegenteil – bereits Kinder sind falschen Essanreizen ausgesetzt durch überall präsente überzuckerte Produkte. Freiwillige Vereinbarungen reichen meiner Meinung nach nicht aus. Wir brauchen verbindliche Maßnahmen für ein gesünderes Ernährungsumfeld und bessere Produkte zur Erleichterung einer gesunden Ernährung von Kindheit an. Für mich ist eine gesunde öffentliche Gemeinschaftsverpflegung ein wichtiger Schritt in Richtung gelebter Nachhaltigkeit. Neben Ernährungsbildung und der Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung, braucht es auch Maßnahmen, die die Lebensmittelwirtschaft in die Verantwortung nehmen, Verbraucher*innen eine gesunde Ernährung zu erleichtern.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende. Bleiben Sie/bleibt gesund.
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB