Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
diese Woche war die vorletzte reguläre Sitzungswoche bevor der Bundestag im Juli in die parlamentarische Sommerpause geht und die Bürger*innen im September einen neuen Bundestag wählen werden. Wie in jedem Jahr war mein Terminkalender noch einmal deutlich mit Sitzungen und Terminen gefüllt. Im Fokus stand vor allen Dingen die nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union.
Meine Woche begann am Montag mit einer öffentlichen Anhörung des Landwirtschaftsausschusses zur geplanten nationalen Umsetzung der GAP. Insgesamt begrüßten die geladenen Sachverständigen die Weichenstellung hin zu einem System der Direktzahlungen, das an Umweltschutzauflagen gekoppelt ist. Gleichwohl sahen viele Nachbesserungsbedarf bei den vier vorgelegten Gesetzentwürfen der Bundesregierung. Für den Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Grethe gehen die Entwürfe nicht weit genug. Zwar seien einzelne Maßnahmen richtig, allerdings wird mit dem vorgelegten Regierungsentwurf kein echter Systemwechsel in der Landwirtschaft ermöglicht. Dazu sei eine höhere Umschichtung der finanziellen Mittel von der ersten in die zweite Säule der GAP notwendig. Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DLV), appellierte an den Bundestag, ein punktebasiertes Bewertungssystem, wie es Landschaftspflegeverbände im Rahmen eines Gesamtpakets mit dem Titel Gemeinwohlprämie bereits vorgelegt haben, einzuführen.
In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir unter anderem über die geplante Pflegereform. Pflegekräfte arbeiten hart und haben es verdient, dass sie ordentlich bezahlt werden. Es ist eine Frage des Respekts, dass diese Menschen nicht den Mindestlohn, sondern Tariflöhne erhalten. Es war ein langer und harter Kampf, aber wir haben nicht aufgegeben. Nur deshalb können wir heute eine Pflegereform auf den Weg bringen, die eine flächendeckende Entlohnung auf Tarifniveau für Pflegekräfte sichert. Hubertus Heil, Olaf Scholz und unser Verhandlungsteam der Fraktion sind in den Gesprächen mit Gesundheitsminister Spahn hartnäckig geblieben: künftig werden Pflegekräfte in Deutschland nach Tariflohn bezahlt. Das bedeutet für die Beschäftigten in der Pflege eine ordentliche Bezahlung und die Anerkennung, die sie verdienen. Fakt ist, dass das mehr kostet. Das kann aber nicht nur von den Pflegebedürftigen getragen werden. Um die Eigenanteile in der Pflege nicht weiter steigen zu lassen, erhalten Pflegebedürftige in der stationären Pflege bald jährlich gestaffelte Zuschüsse zu den pflegebedingten Kosten. Sie fallen umso höher aus, je länger man sich in einem Pflegeheim aufhält. Damit entlasten wir vor allem diejenigen, die besonders lange auf stationäre Versorgung angewiesen sind. Ab 2022 stellen wir dafür einen Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von 1 Mrd. Euro zur Verfügung.
Ebenso beschlossen wird in dieser Woche der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Auch dafür haben wir lange gekämpft. Wie wichtig eine funktionierende Kinderbetreuung ist, hat die Corona-Pandemie in aller Schärfe gezeigt. Vom ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt besteht schon jetzt ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Aber wir wollen mehr: Eltern sollen auch einen Rechtsanspruch darauf haben, ihre Kinder im Grundschulalter bis in den Nachmittag hinein betreuen zu lassen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll in Horten ebenso wie in offenen und gebundenen Ganztagsschulen erfüllt werden. Dafür müssen noch zahlreiche zusätzliche Plätze geschaffen werden. Damit Länder und Gemeinden ein solches Angebot schaffen können, unterstützt der Bund den Ausbau mit bis zu 3,5 Mrd. Euro für Investitionen in Ganztagsschul- und Betreuungsangebote.
Im Anschluss an die Fraktionssitzung traf ich mich mit dem Geschäftsführer vom Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter Röhrig. Die GAP-Reform wird maßgeblich darüber mitentscheiden, ob das 20%–Bio-Ziel erreicht werden kann und die damit verbundenen Beiträge zur Erreichung von wichtigen Umwelt-, Klima- und Tierschutzzielen. Gemeinsam mit Herrn Röhrig sprach ich darüber, was es aus Sicht des Öko-Landbaus braucht, um diese Ziele zu erreichen und wie sich der ökologische Umbau der Landwirtschaft gemeinsam mit den Landwirt*innen gestalten lässt.
Im Anschluss an die Ausschusssitzung am Mittwochvormittag nahm ich an der Diskussionsveranstaltung des Netzwerks Bioökonomie zum Thema „Wie sollte die Agenda der nächsten Bundesregierung in Bezug auf die nachhaltige Landnutzung aussehen?“ teil. Das Thema nachhaltige Landnutzung wird eine große Bedeutung in der nächsten Legislaturperiode haben. Denn die Landwirtschaft ist ein Zukunftsthema, für das in der kommenden Legislaturperiode dringend die richtigen Weichen gestellt werden müssen. Zentrale Fragen dabei sind, wie die moderne Nutztierhaltung in Zukunft aussehen sollte, wie der Insekten- und Biotopschutz in der Landwirtschaft verankert werden kann und mit welcher Art der Landnutzung das Klima wirksam geschützt, statt belastet werden kann. Diesen Fragen wird sich die nächste Bundesregierung mehr denn je annehmen müssen.
Den Rest des Tages verbrachte ich im Plenum, wo ich unter anderem die Plenardebatte über das Demokratiefördergesetz verfolgte. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und muss gestaltet, gelebt und weiterentwickelt werden. Die Geschichte der Demokratie war in Deutschland wechselhaft und oftmals auch schwierig. Um das demokratische Bewusstsein im Land zu stärken, berät der Bundestag in abschließender Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung einer Stiftung „Orte der deutschen Demokratiegeschichte“. Die öffentlich-rechtliche Bundesstiftung mit Sitz in Frankfurt am Main soll mit Projektförderungen, Veranstaltungen und Kooperationen bundesweit das Bewusstsein für den Wert der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schärfen.
Auch Donnerstag verbrachte ich größtenteils im Plenum. Am späten Abend hielt ich dann meine Plenarrede zur nationalen Umsetzung der GAP-Reform. Ich habe direkt zu Beginn meiner Rede noch einmal deutlich gemacht, dass die Entstehungsgesichte bei dieser Gesetzgebung eine große Rolle spielt. Sowohl die GAP wie auch die GAK sind ohne die Bundesländer nicht denkbar. Das heißt, der Einfluss des Bundesrates beziehungsweise der jeweiligen Agrarminister*innen und deren Zustimmung ist unumgänglich dafür, dass wir dieses Gesetz heute abschließen. Die Agrarministerkonferenz hat vor einigen Wochen in einer ausgesprochen spannenden Sitzung Beschlüsse gefasst. Der Geist dieser Vereinbarung war es, ein System zu schaffen, in dem öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen vorgesehen sind. Also eine Weichenstellung hin zu einem System der Direktzahlungen, das an Umweltschutzauflagen gekoppelt ist. Das bedeutet, dass bei der Förderung besonderer Ökosystemleistungen nur das gefördert wird, was einen Mehrwert erzeugt. Aus diesem Grund läuft die Forderung der Union nach einer Grünlandflächendirektzahlung den Ergebnissen der Agrarministerkonferenz zuwider, denn die reine Förderung von Grünland würde einen hohen Mittelabfluss bei geringem Nutzen bedeuten. Umso mehr freue ich mich, dass wir uns neben Brachen, Blühstreifen und vielgliedrigen Fruchtfolgen dafür einsetzen konnten, dass Agroforstsysteme nun nicht nur auf Ackerland, sondern auch auf Dauergrünland als Ökoregelungen gefördert werden. Agroforstsysteme bringen vielfältige positive Effekte mit sich. Mit diesem Landnutzungssystem wird die Bodenerosion verringert, der Düngemitteleinsatz reduziert und durch eine erhöhte Beschattung das Mikroklima verbessert. Leider musste ich mit Bedauern feststellen, dass unser, wie ich finde, sehr passende Vorschlag für eine Weidetierprämie als Ökoregelung, zusätzlich zur gekoppelten Zahlung für Mutterkühe, bei unserem Koalitionspartner nicht auf Anklang gestoßen ist. Und das, obwohl eine Weidetierprämie mit einem maximalen Viehbesatz von 2 Großvieheinheiten pro Hektar und einem klar definierten Weidegang, die Leistung unserer Milchviehhalter*innen entlohnen würde. Und dabei würde es sich eben nicht um eine pauschale Direktzahlung für Dauergrünland pro Fläche handeln. Besonders freut es mich, dass mit dem neuen Gesetz zu InVeKoS endlich die Digitalisierung vorankommt. Der neue elektronische Agrarantrag sowie das digitale Prüfverfahren werden zu einer deutlichen Verwaltungsvereinfachung und zu einer Entlastung bei den Landwirt*innen führen. Hierfür habe ich seit Jahren gekämpft. So ist nun auch beim wichtigsten Förderinstrument des ländlichen Raumes – der GAP – die Digitalisierung fest verankert.
Meine Rede in voller Länge: https://dbtg.tv/fvid/7526553
Heute führte ich ein sehr interessantes Gespräch mit Vertretern eines Chemieunternehmens. Hintergrund des Gespräches war die von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) erstmals durchgeführte Prüfung eines mineralischen Stickstoffdüngers (Kalkstickstoff) auf Umweltrisiken nach den Vorgaben der Chemikalienverordnung (REACH). Dabei kam die ECHA im April 2021 zu dem Schluss, dass die Düngung von Kalkstickstoff ein Risiko für die Umwelt darstellen könne und schlug vor, den Dünger zu verbieten. Diese Empfehlung wird nun der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt. Ich für meinen Teil würde es begrüßen, wenn die Kommission zu der Entscheidung käme, Kalkstickstoff weiter im Nährstoffkreislauf zu erhalten. Die Bewertungsmethode nach den Vorgaben der Chemikalienverordnung ist ursprünglich dazu gedacht, Umweltrisiken für unbeabsichtigte Einträge von Chemikalien zu bewerten. Allerdings werden Mineraldünger nicht auf natürlichen Biotopen, sondern auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht. Veränderungen wie beispielsweise eine erhöhte Bodenfruchtbarkeit oder ein verstärktes Pflanzenwachstum sind dort erwünscht. Deutschland ist derzeit das einzige Land in Europa, das Kalkstickstoff in nennenswertem Maße produziert. Sollten wir uns dazu entschließen, diese Produktion zu unterbinden, wäre der einzige Handelspartner China. Ich halte eine solche Abhängigkeit für ausgesprochen gefährlich und glaube, es wird Zeit, dass Europa seine Wirtschaftskraft aus eigenen Ressourcen schöpft.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende.
Bleiben Sie/bleibt gesund.
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB