Wochenbericht für die 2. Kalenderwoche 2019

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

zuerst einmal wünsche ich allen ein gesundes und frohes neues Jahr!

Die zurückliegende Woche lief schon wieder auf vollen Touren. Am Dienstag war ich mit Sigmar Gabriel an der Universität Osnabrück. Der ehemalige Außenminister hat vor Studierenden und Mitgliedern der Unigesellschaft über das Thema „Quo vadis, Europa?“ gesprochen. In seinem kurzweiligen Vortrag stellte Sigmar die These auf, dass wir uns von einer „G-Null-Welt“, ohne Weltmacht, zu einer G-2-Welt mit den Mächten USA und China entwickeln. Der Anspruch der EU müsse es sein, daraus wenigstens eine G-3-Welt zu machen, um nicht nur Figur auf einem Schachbrett der beiden künftigen Weltmächte zu sein. Gerade vor diesem Hintergrund müsse die EU um Großbritannien kämpfen. Der Brexit wird für die Briten wirtschaftlich schlimm, aber das Land hat schlimmere Zeiten überstanden. Für Europa jedoch ist der Brexit der größere Schaden. Wir werden

Sigmar Gabriel während seiner Rede
Sigmar Gabriel während seiner Rede

politisch, wirtschaftlich und militärisch schwächer. Und östlicher. Manche Mitgliedsstaaten, welche die zentralen Werte der EU verachten, tief in der Korruption stecken oder die bereits rechte oder linke Populisten in der Regierung haben, werden dadurch an Einfluss gewinnen. Deswegen braucht die EU die Briten mehr denn je. Und vielleicht brauchen wir sie sogar mehr als sie uns. In der anschließenden Diskussion wurden noch viele Bereiche diskutiert wie z. B. eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Europawahlen im Mai oder Eurobonds.

Im Anschluss begann die gemeinsame Klausurtagung der Landesgruppen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen. Erstmals kamen diese beiden Gruppen zu einer gemeinsamen Jahresauftaktklausur zusammen. Es freut mich ganz besonders, dass ich die Kollege überzeugen konnte, diese in Osnabrück abzuhalten. Ebenfalls neu war, dass die gesamte Tagung, bis auf eine Ausnahme, presseöffentlich abgehalten wurde. Das bedeutet, dass während der gesamten Tagung Journalisten mit im Raum saßen und alles Gehörte frei verwenden konnten. Inhaltlich ging es am ersten Tag um die beiden Themenbereiche Europa und „starker Staat“.

Ehrengast zum Bereich Europa war der britische Botschafter Sir Sebastian Wood, der uns die Sichtweise und Diskussionslinien der britischen Politik aufzeigte. Martin Schulz sprach zur deutschen und europäischen Haltung. Zwischen den beiden und den anderen Abgeordneten entspann sich eine lebhafte Diskussion, die zeigte, wie emotional der Brexit auf beiden Seiten ist.

Nach dem ersten Klausurtag gab es noch eine kleine Stadtführung und einen Abschluss im Grünen Jäger.

Am Mittwoch waren Stephan Weil und Boris Pistorius als Gäste geladen. Boris sprach über die innere Sicherheit und stellte klar, dass die SPD in der Innen- und Sicherheitspolitik immer für die Verhältnismäßigkeit zwischen Sicherheit und Freiheit war und ist: Der Mensch steht im Mittelpunkt, nicht die Staatsraison.

Der SPD-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Stephan Weil wies auf das Paradoxon hin, dass viele Leute sich vorstellen können die SPD zu wählen (die SPD hat hier bei Umfragen stets die höchsten Zahlen aller Parteien), es aber momentan vielfach nicht tun. Wie ändern wir das? Stephan Weil sieht Zusammenhalt (oder Solidarität) als wichtiges Thema. Zusammenhalt meint dabei viele Formen: Gesellschaftlich, EU, Verhältnis von Arbeit und Umwelt, Spaltung überwinden.

(Aufnahme von Maurice Weiss/Ostkreuz)

Ich bin der Meinung, dass es ganz konkret um drei Punkte geht: Erstens: eine auskömmliche Grundrente von 1300 Euro, die ein Leben in Anstand ermöglicht. Zweitens: einen vernünftigen Mindestlohn von 14 Euro die Stunde. Und drittens: bezahlbarer Wohnraum. Warum sollte der Bund nicht kommunale Wohnungsbaugesellschaften fördern? Ich stelle mir eine Summe von mehreren 100 Mrd. Euro dafür vor. Nur so werden wir schnell und wirksam eingreifen können.

Am Donnerstag fuhr ich nach Berlin, wo sich die SPD-Bundestagsfraktion zu einer zweitägigen Klausurtagung traf. Ziel der Tagung war es, die wichtigsten Politikfelder der zukünftigen Monate abzustecken. In Anbetracht der bevorstehenden Europawahl im Mai dieses Jahres, sprachen wir unter anderem ausgiebig über die Ausrichtung unserer Europapolitik. Im Koalitionsvertrag haben wir das Ziel eines neuen Aufbruchs für Europa hineingekämpft. Für diesen gilt es sich nun im Europawahlkampf einzusetzen. Wir wollen dabei klare sozialdemokratische Schwerpunkte setzen und uns für ein sozialeres Europa stark machen. Vor diesem Hintergrund sprachen wir heute Morgen über die längst überfällige Reformation der gemeinsamen Agrarpolitik der europäischen Union (GAP). Denn das derzeitige europäische Agrarfördersystem ist ungerecht. Jedes Jahr werden in der EU rund 58 Milliarden Euro quasi bedingungslos an Flächeneigentum von landwirtschaftlichen Betrieben weitergereicht. Dies kann nicht länger akzeptiert werden. Nach dem Prinzip ‚öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘ fordern wir, dass die künftige Agrarförderung an Bedingungen und Kriterien geknüpft wird, die den Menschen in den ländlichen Betrieben, den ländlichen Regionen sowie dem Tier- und Umweltschutz zugutekommen. Das hierfür von mir erarbeitete Positionspapier haben wir am Freitag in der Fraktion beschlossen.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende!

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB