Liebe Genossinnen und Genossen, sehr geehrte Damen und Herren,
wie soll ich das „Nichterklärbare“ erklären?!
Das kann ich nicht und das will ich auch nicht. Selbstverständlich mache ich mir über das Ergebnis, das in der Gesellschaft vermittelte Bild über Politik und insbesondere Personalpolitik Gedanken. Das Ergebnis der Gespräche am Dienstag erfüllt mich mit großer Sorge. Wie konnte es zu eine Situation kommen, in der ein Beamter aus der zweiten oder dritten Reihe eine derartige Krise auf politischer Führungsebene auslösen kann. Die Antwort ist so trivial wie ernüchternd, es geht nicht um diese eine Person, sondern darum, dass die Bundesregierung, in diesem Fall Frau Dr. Merkel, nicht dazu in der Lage ist, schlicht und einfach konsequent zu sein und eine Entscheidung zu treffen.
Mit dem Amtsantritt als Bundeskanzlerin hat sie einen Eid darauf geleistet, Schaden von unserem Land abzuwenden. Demokratie hat nur eine Währung und die heißt Vertrauen. Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn wir die Gewissheit haben, dass es nach Recht und Ordnung im Staat zugeht.
Die Grundlagen haben wir nach dem II. Weltkrieg in unserem Grundgesetz sehr wohl und bewusst festgelegt. Gerade von unseren Beamten wird zu Recht verlangt, dass sie im Besonderen dem Staat und nur dem Staat dienen. Hierzu wurde bewusst eine hierarchische Struktur angelegt. Bei Zuwiderhandlungen oder Regelverstößen folgen klare Konsequenzen.
Wie soll ich Beamten die ein Disziplinarverfahren oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde „am Hals haben“ folgendes erklären? Herr Maaßen hat bei sicherheitsrelevanten und innenpolitisch heiklen Fragen spekuliert, seinen obersten Dienstherren hinter die Fichte geführt hat, der Bundeskanzlerin ohne Darlegung von Beweisen öffentlich per „BILD-Zeitung“ widersprochen, die Bevölkerung in ihrer Sicherheit verunsichert sowie strafbare Handlungen in Frage gestellt bzw. verharmlost. Dieser Beamte wird zwar aus einem Amt entlassen, aber sofort im zweiten Schritt befördert und in ein höheres Amt eingesetzt, in dem er sich künftig aus politisch äußern darf.
Wieder einmal hat die Kanzlerin ihre „personelle Handlungsunfähigkeit“ unter Beweis gestellt. Vor dem Hintergrund der Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Oktober wird alles unter den Teppich gekehrt.
Jede Bürgerin und jeder Bürger muss sich auf einen ordnungsgemäß geführten Staat und auf die Einhaltung seiner Rechtsnormen verlassen können, gerade und im Besonderen die Schwächeren unter uns.
Dies ist eine der großen Stärken unseres Grundgesetzes. Gerade wir Sozialdemokraten setzen eine Führungsstärke der Bundesregierung und des Kanzlers / der Kanzlerin voraus, leider können wir das heute nicht mehr.
Leider sind wir mal wieder mitbetroffen – und das nicht ganz ohne Schuld. Wir schaffen es nicht, uns auf die zentralen Fragen der Bürger/innen zu fokussieren.
Ich denke schon, dass wir wissen, welche Themen für die Menschen die zentralen Themen sind.
– An erster Stelle steht das unantastbare Vertrauen in einen ordnungsgemäß geführten Staat
– Sicherstellen, dass Oma und Opa mit einer ordentlichen Rente über die Runden kommen. Und auch künftige Generationen eine sichere und auskömmliche Rente erhalten
– Unseren Kindern eine gute Erziehung und Bildung / Ausbildung garantieren
– Gute, auskömmlich bezahlte und sichere Arbeitsstelle
– Mieten die für alle bezahlbar sind
– Moderne Infrastruktur gleichermaßen in der Metropole und im ländlichen Raum
– Solide Gesundheitsversorgung
– Innere und äußere Sicherheit
Ich habe gesagt, wir sind nicht ganz ohne Schuld. Die Richtlinienkompetenz liegt bei der Kanzlerin. Sie hätte Herrn Maaßen und den Bundesinnenminister, Horst Seehofer, ohne Wenn und Aber aus dem Amt entlassen müssen. Das wir diese Entscheidung mittragen, muss für die Bürgerinnen und Bürger wie ein Kuhhandel aussehen. Dieser Eindruck schadet Deutschland, der Demokratie und allen Bürgerinnen und Bürgern. Das ist Bitter und vor allem völlig unnötig.
Könnt ihr Euch/können Sie sich vorstellen, dass Helmut Schmidt so etwas wie von Herrn Maaßen zugelassen hätte?! Mit großer Sicherheit wäre das damals nicht möglich gewesen.
Eine Handlungsweise, wie die von Herrn Maaßen, zeugt von mangelndem Respekt gegenüber der demokratischen Verfassung und besonders gegenüber der Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel. Es hat Zeiten in unserer Demokratie gegeben, in dem ein führender Beamter im Wissen um seine Verantwortung und mit Liebe zu unserem Land von sich aus zurückgetreten wäre. Maaßen hat, wie andere Beamte auch, einen Eid auf unser Land geleistet.
Sie können/Ihr könnt versichert sein, dass ich diese Haltung im politischen Berlin deutlich zur Kenntnis bringen werde.
Liebe Grüße
Euer/Ihr ziemlich fassungsloser Rainer Spiering