Wochenbericht für die 50. Kalenderwoche 2020

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

am 7. Dezember vor genau 50 Jahren ging das Foto vom Kniefall Willy Brandts um die Welt. Es war eine Geste, die seinerzeit in der deutschen Öffentlichkeit umstritten war. 25 Jahre nach Kriegsende reiste der damalige Bundeskanzler Willy Brandt nach Warschau, um vor dem Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs zu bitten. Die Symbolkraft dieser Geste markiert eine Wende in der Deutschland- und Ostpolitik. Ich glaube, dass wir auch mit Blick auf die heutigen Konflikte einiges von diesem Konzept lernen können. Denn nur wenn wir bereit sind, uns auf den anderen einzulassen, können wir gemeinsam etwas verändern und einen Wandel gestalten.

Für mich begann die letzte Haushaltswoche des Jahres mit der Sitzung der Projektgruppe 5. Dort stand vor allem eines auf der Tagesordnung: Textarbeit. Wir haben in den vergangenen 11 Monaten unterschiedliche Sachverständige und Experten zu verschiedenen Themen angehört und Handlungsempfehlungen erarbeitet und zu Papier gebracht. Am Montag haben wir uns mit redaktionellen Details des Berichtsentwurfs befasst. In einer letzten Sitzung im Januar wollen wir unseren Bericht für die Enquete-Kommission fertigstellen. Anschließend werden wir gemeinsam in der Enquete an der Fertigstellung des Gesamtberichts arbeiten.

Im Fokus der Fraktionssitzung am Montagabend stand natürlich die geplante Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2021. Es ist ein Haushalt, der geprägt ist durch die Mammutaufgabe, diese Pandemie zu bekämpfen. Eine Aufgabe, die Geld kostet: mit 498,6 Mrd. Euro stellen wir einen Rekordhaushalt auf. Natürlich bedeutet das, mehr Schulden als geplant aufzunehmen. Das ist ein Kraftakt. Doch wer in dieser Ausnahmesituation zögert, wer in die Krise hinein spart, hat später den größeren Schaden. Die erneute Ausnahme von der Schuldenregel ist möglich, da mit der anhaltenden Corona-Pandemie eine außergewöhnliche Notsituation vorliegt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Unsere solide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre lässt uns diesen Spielraum. Doch klar ist auch: Nach der Krise werden wir die Lasten gerecht verteilen müssen. Für uns kann das nur heißen: starke Schultern werden mehr tragen müssen als schwache. Ich bin überzeugt davon, dass wir auch diese Mammutaufgabe als Gesellschaft schaffen können.
Auch wenn der Haushalt im Zeichen der Corona-Pandemie steht, freut es mich persönlich sehr, dass wir die Chance genutzt haben, um auch die Weichen für die Zukunft unseres Landes zu stellen. Wir stärken mit dem Bundeshaushalt 2021 den Sozialstaat, verbinden Ökologie mit Ökonomie und festigen den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Im Anschluss an die Sitzung des Landwirtschaftsausschuss am Dienstagvormittag verfolgte ich die Plenardebatte zum Haushalt. Dort wurde am Nachmittag über den Haushaltsplan des Landwirtschaftsministeriums debattiert. In meiner Rede machte ich deutlich, dass es wichtig ist, die gesamte Produktions- und Lieferketten im Auge zu behalten. Dazu gehört auch die Landwirtschaft. Wir müssen Landwirtschaft endlich als integralen Bestandteil der Produktions- und Lieferketten betrachten. Im Kern geht es um die notwendige Neuausrichtung unseres Wirtschaftens und um das Verständnis, wie unsere Lebensmittel produziert werden. Dabei ist und bleibt die Anerkennung der Arbeitnehmer*innen in der gesamten Landwirtschaftsbranche wichtig.
Insgesamt freut es mich sehr, dass der Agrarhaushalt 2021 eine klare sozialdemokratische Handschrift trägt. Auf Druck der SPD stellen wir insgesamt eine Milliarde Euro bereit, um die Wälder in Deutschland nachhaltiger und damit resilienter gegen den Klimawandel zu gestalten. Zudem haben wir uns auch im Ökolandbau für Verbesserungen eingesetzt. Durch eine Aufstockung der Mittel von 5 auf insgesamt 34 Millionen Euro kommen wir dem Ziel von 20 % Ökolandbau bis 2030 einen großen Schritt näher. Die SPD hat durchgesetzt, dass Projekte im Ökolandbau nun auf 5 Jahre verlängert werden können. In diesem Sinne können nun auch mehrjährige Kulturen verstärkt angebaut werden. Auch unsere Forderung zur Regionalisierung von Schlachthöfen, sowie die Forderung einer Weidetierprämie konnten im Rahmen einer Erhöhung der GAK-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) realisiert werden.
Mit 36 Millionen Euro fördert der Bund nun den Bereich der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz! Sie alle können sich vorstellen, wer mit Nachdruck diese Gelder möglich gemacht hat. Die Förderung der Digitalisierung in der Landwirtschaft ermöglicht den Erhalt und Ausbau des IT-Standorts Deutschland. Wir können somit wichtige und vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze sichern. Wir konnten einige wichtige Punkte im Rahmen des Agrarhaushalts durchsetzen. Nun liegt es an der Landwirtschaftsministerin, auf nationaler Ebene Maßnahmen festzuschreiben, die wirklich einen Mehrwert für unsere Umwelt leisten und die Einkommen der Beschäftigten sichern.
Am Dienstagabend führte ich ein Gespräch mit dem Präsidenten des Bauernverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Kurrek und dem Geschäftsführer der Union zur Förderung von Öl- Proteinpflanzen, Herrn Arens. Wir sprachen unter anderem über die Eiweißpflanzenstrategie. Die Gewinnung pflanzlicher Eiweiße aus Leguminosen bildet einen wichtigen Baustein für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Das erzeugte Eiweiß kann sowohl für die menschliche Ernährung als auch als Tierfutter verwendet werden. Zudem verbessern sie die Bodenfruchtbarkeit. Ziel muss es sein, die Potentiale von Anbau- und Erntetechniken weiter auszuschöpfen und die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Eiweißpflanzen zu fördern. Statt Sojaimporte aus Südamerika brauchen wir mehr heimisches Eiweißfuttermittel. Damit leisten wir einen Beitrag zum Klimaschutz und stärken regionale Lebensmittelproduktion.

Am Mittwoch sprach ich mit Vertretern des Chemiekonzern BASF über die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Die Möglichkeiten der intelligenten Nutzung von Daten und digitaler Technologien beschäftigen den Chemiekonzern seit Jahren. Auch im Agrarbereich forscht das Unternehmen an digitalen Lösungen, die Landwirtinnen und Landwirten eine umweltschonende und nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Äcker ermöglichen sollen. Digitale Lösungen können nicht nur Landwirtinnen und Landwirte selbst entlasten, sie können zudem einen großen Beitrag zum Klimaschutz, zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln bis hin zum Schutz der Wasser- und Bodenqualität leisten. Diese Chancen gilt es zu nutzen.

Donnerstagnachmittag führte ich ein Gespräch mit Vertretern von Aufzucht- und Mastbetrieben der Schweinehaltung. Die Afrikanische Schweinepest hat zu Exportverboten von Schweinefleisch und damit zu einem Verlust von Absatzmöglichkeiten geführt. Dies hat nicht nur zu einem Preisverfall für die Aufzucht- und Mastbetriebe der Schweinehaltung geführt. Zusätzlich hat sich ein sogenannter „Schweinestau“ entwickelt, da schlachtreife Tiere nicht abgenommen und verarbeitet werden können. Die Situation ist mehr als angespannt. Es ist bedauerlich, dass das Landwirtschaftsministerium trotz der lange vorher bekannten Gefahr keine geeigneten Strategien für die deutsche Schweinezucht entwickelt hat.

Nachdem ich heute im Plenum über den Bundeshaushalt 2021 abgestimmt habe, ging es für mich zurück in die Heimat.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende und einen schönen dritten Advent.

Bleiben Sie/bleibt gesund.

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB