Sehr geehrte Leser und Leserinnen meines Wochenberichts,
meine Woche begann am Montag in Berlin mit einer öffentlichen Anhörung des Landwirtschaftsausschusses. Thema war die Ackerbaustrategie 2035 des Landwirtschaftsministeriums. Das Diskussionspapier der Ackerbaustrategie greift verschiedene wichtige Aspekte auf, die sich aus den sich verändernden und ausdifferenzierenden Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft ergeben. Klar ist: um den Ackerbau fit für die Zukunft zu machen, braucht es klare Leitlinien und Maßnahmen, die praxisgerecht umgesetzt werden können.
Im Anschluss an die Anhörung ging es zur Sitzung der AG Landwirtschaft.
Am Dienstagmorgen hat sich die AG Landwirtschaft zu einer Sondersitzung mit unserem Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich getroffen. Gemeinsam besprachen wir mit Rolf die aus unserer Sicht entscheidenden Punkte einer sozialdemokratischen Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik. Unser Ziel ist eine sozial gerechte, ökologische Landwirtschaft und Ernährung. Was wir uns darunter im Detail vorstellen, haben wir in unserem Agrarpapier dargelegt.

In der Fraktionssitzung am Nachmittag besprachen wir die Woche. Neben dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz standen vor allen Dingen die Maßnahmen im Vordergrund, mit denen wir den Menschen helfen wollen, die aufgrund der Corona-Pandemie beruflich zu kämpfen haben. Insbesondere Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende fielen aus den bisherigen Schutzschirm, da sie oft als Soloselbständige ihre Betriebskosten nicht geltend machen konnten. Mit der „Neustarthilfe“ soll diese Lücke nun geschlossen werden. Das entschlossene Krisenmanagement von Olaf Scholz zahlt sich aus. Die Arbeitslosigkeit ist nur minimal gestiegen und auch die Wirtschaftsleistung ist weniger zurückgegangen, als viele erwartet haben. Auch die Steuereinnahmen werden in diesem und im kommenden Jahr spürbar höher sein als bisher angenommen. Die Wirtschaftsweisen bescheinigen in ihrem Jahresgutachten: Die Politik hat „rasch und entschlossen gehandelt“ – mit kräftigen Wachstumsimpulsen. Zwar steht der Arbeitsmarkt infolge der Pandemie nach wie vor unter Druck, zeigt sich aber dennoch sehr robust – nicht zuletzt wegen der Regelungen zur Kurzarbeit, weshalb wir den Zugang zu Kurzarbeit bis zum Ende des kommenden Jahres verlängern werden. Ebenso verlängern wir die Regelungen zur Bezugsdauer (max. 24 Monate, längstens bis 31.12.2021) sowie zur Erhöhung des Kurzarbeitergelds. Darüber hinaus wollen wir mit Anreizen für Weiterbildung während der Kurzarbeit gute Perspektiven für die Zeit nach der Krise öffnen. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.
Am Mittwoch wurde im Plenum das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz debattiert und verabschiedet. Im Rahmen der Verabschiedung des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes haben Corona-Gegner am Mittwoch im Regierungsviertel zu einer Demonstration aufgerufen. An die geltenden Abstands- und Hygieneregeln wurde sich bewusst nicht gehalten. Über Abgeordnetenbüros der AfD wurden einige Demonstranten in den Bundestag gelassen. Sie haben versucht, in Abgeordnetenbüros zu gelangen und Politiker zu bedrängen. Es ist ein Armutszeugnis einer Partei, die sich so gerne als bürgerlich ausgibt. Die AfD hat am Mittwoch gezeigt, was und wer sie wirklich sind.
Liebe Leserinnen und Leser, mich haben in den letzten Tagen viele Anrufe und E-Mails von Bürgerinnen und Bürger erreicht, die sich aufgrund des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes Sorgen machen. Gut zwei Wochen leben wir jetzt im sogenannten „Lockdown light“. Die exponentielle Infektionsdynamik konnte zwar aufgehalten werden, eine Abnahme der Neuinfektionen ist jedoch noch nicht zu verzeichnen. Wir wissen, dass zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eine weitreichende Reduzierung von Kontakten erforderlich ist, da sich das Virus oftmals symptomfrei und daher zunächst unerkannt weiterverbreitet. Bei wem sich ein schwerer Verlauf entwickelt, lässt sich vorher nicht sagen, darum sind wir auf ein solidarisches Handeln der gesamten Gesellschaft angewiesen. Da die in den Ländern beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen teilweise massiv in die Grundrechte der Bürger eingreifen, wird mit dem neuen § 28 a IfSG ein Regelkatalog von möglichen grundrechtseinschränkenden Schutzmaßnahmen gesetzlich vorgegeben. Zudem wird konkretisiert, welche Maßnahmen mit welcher Eingriffsschwere bei welchem Infektionsgeschehen in den Blick zu nehmen sind. So wird klargestellt, dass die Länder bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit zu berücksichtigen haben. Die Länder werden darüber hinaus verpflichtet, Rechtsverordnungen über Schutzmaßnahmen mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich grundsätzlich auf vier Wochen zu befristen. Die Bundesregierung wird darüber hinaus künftig den Bundestag regelmäßig mündlich über die Entwicklung der epidemischen Lage informieren.
Im Plenum wurde am Donnerstag über den FDP-Antrag „Gentechnikstandort Deutschland“ debattiert. Bevor ich zum inhaltlichen Teil meiner Rede kam, war es mir persönlich ein großes Anliegen, mich vorab bei den Gründern von BioNTech für die Entwicklung eines Impfstoffs zu bedanken, welcher der Welt wirklich hilft. Und was für mich von besonderer Bedeutung ist und mir eine große Freude bereitet: hinter der Entwicklung stehen zwei Köpfe aus Deutschland mit türkischen Wurzeln. Das sind genau die Menschen, die die AfD nicht in unserem Land haben will. Und es sind genau die Menschen, die wir in diesem Land für die Fortentwicklung eines freien Geistes brauchen. Und deswegen bin ich so tief dankbar, weil es zeigt, dass dieses Land den freien und intellektuellen Geist wesentlich höher bewertet als Nationalitäten.
In ihrem Antrag zieht die FDP eine Verbindung von Erfolgen im Bereich der gentechnisch veränderten Impfstoffe zu möglichen Erfolgen im Bereich der Pflanzenzüchtung. Die SPD-Bundestagfraktion hat sich schon immer für eine differenzierte Betrachtung dieser vollkommen unterschiedlichen Gebiete der Gentechnik ausgesprochen. Den Drang nach neuartigen Züchtungsverfahren, die vermeintlich höhere Erträge liefern und sich an unsere veränderten klimatischen Bedingungen anpassen, verstehe ich. Das Handwerkszeug der Landwirtschaft kann jedoch bereits heute, ohne Risiken auf die Umwelt, passgenau auf unterschiedlichste Bodenarten und klimatische Veränderungen eingehen. Nicht nur können mit Hilfe des Precision Farming Dünge- und Pflanzenschutzmittel reduziert werden. Auch vielgliedrigere Fruchtfolgen können so ermöglicht werden. Mit den Möglichkeiten der IT in der Landwirtschaft haben wir das wichtigste Handwerkszeug, um auf unsere Veränderungen im Bereich des Klima- und Naturschutzes einzugehen und das ganz ohne Risiken für unser aller Lebengrundlagen.
Die deutsche Landwirtschaft befindet sich in einer Akzeptanzkrise, aus der kein Königsweg herausführt. Image-Kampagnen scheinen nicht zu helfen. Das Problem ist, dass Wissenschaft, Praxis und Politik keinen gemeinsamen Weg und keine gemeinsame Sprache finden. Der Kommunikation und insbesondere der Vermittlung der Informationen (Forschungserkenntnisse) kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Forschungsergebnisse müssen adressatenbezogen aufbereitet werden. Darum habe ich mich am Donnerstagnachmittag mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen zusammengesetzt. Gemeinsam wollen wir diese Themen angehen und praktikable Konzepte erarbeiten, wie die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis, in die Politik und in den gesellschaftlichen Diskurs Einfluss finden können.
Der Tag endete mit einer namentlichen Abstimmung.
Nachdem ich heute die aktuelle Stunde zu den Ereignissen am Mittwoch verfolgte, ging es für mich zurück in die Heimat.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende!
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB