Wochenbericht für die 43. Kalenderwoche 2019

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

für mich ging es an diesem Montag wieder zurück nach Berlin. Dort angekommen, begann meine Woche mit der Sitzung der AG Landwirtschaft. Zu Gast waren der Geschäftsführer des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Peter Röhrig und der Referent für Politik, Dr. Friedhelm von Mering. Mit ihnen sprachen wir über die aktuellen Entwicklungen im Biosektor und über die notwendigen politischen Weichenstellungen im Hinblick auf Klimaschutz und Tierwohl. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, 20 % Öko-Flächen bis 2030 auszubauen, sei laut Herrn Röhrig erreichbar. Dazu sei aber eine konsequente Reform der europäischen Agrarpolitik (GAP) notwendig. Diese muss die freiwillige ökologische Leistungen der Bauern honorieren und nicht weiter den Flächenbesitz. Damit würden die notwendigen Anreize für ein Wirtschaften im Einklang mit den natürlichen Ressourcen geschaffen.
Im Anschluss nahm ich am Festakt zum 70. Jubiläum des Deutschen Gewerkschaftsbundes, zu der DGB-Chef Reiner Hoffmann geladen hat, teil.

AG-Sitzung mit dem Geschäftsführer des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Peter Röhrig
AG-Sitzung mit dem Geschäftsführer des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Peter Röhrig

Am 21. Oktober 1969, vor genau 50 Jahren, wurde Willy Brandt vom deutschen Bundestag zum Kanzler gewählt. Damit wurde er der erste sozialdemokratische Regierungschef der Bundesrepublik und ebnete den Weg für die erste sozialliberale Koalition zwischen SPD und FDP. Anlässlich des 50. Jahrestages eröffnete die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung am Dienstagvormittag im Paul-Löbe-Haus eine Wanderausstellung zu Ehren des Sozialdemokraten. Willys Grundsätze „Mehr Demokratie wagen“ und „Keine Angst vor Experimenten“ haben nicht nur seine eigene Politik, sondern auch die Bundesrepublik nachhaltig geprägt. Mit der Wanderausstellung möchte die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung daran erinnern, dass der ehemalige Kanzler der Bundesrepublik Deutschland aber viel, viel mehr als nur Regierungschef war. Sehr empfehlenswerte Ausstellung.

In der Fraktionssitzung am Nachmittag sprachen wir über unsere sozialdemokratischen Kernvorhaben, die wir in dieser Woche verabschiedet haben. Unter anderem das längst überfällige Paketboten-Schutz-Gesetz. Wir alle schätzen die Vorteile des Versandhandels und bestellen gerne Waren im Internet. Allein dieses Jahr werden rund 3,7 Milliarden Paketsendungen erwartet. Jeder, der eine Online-Bestellung aufgibt, Geburtstag hat oder kurz vor dem Weihnachtsfest Geschenke bestellt, freut sich, wenn die Paketbotin oder der Paketbote klingelt. Der Boom in der Paketbranche darf jedoch nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen und auch nicht zu Lasten der Unternehmen, die sich an Recht und Gesetz halten. Kontrollen des Zolls haben jedoch wiederholt Verstöße gegen das Arbeitsrecht festgestellt. Am 18. September 2019 hat das Bundeskabinett daher auf Drängen der SPD-Bundestagsfraktion und auf Initiative des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil das Paketboten-Schutz-Gesetz auf den Weg gebracht. Ziel des Gesetzes ist, dass Sozialversicherungsbeiträge für Paketbotinnen und Paketboten auch durch alle Subunternehmen abgeführt werden, indem der einen Auftrag vergebende Hauptunternehmer im Falle von Sozialversicherungsbetrug haftbar gemacht werden kann. Die großen Paketdienste müssen endlich die Verantwortung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrer Branche übernehmen. Mit der Einführung der Nachunternehmerhaftung nehmen wir die Unternehmen nun endlich stärker in die Pflicht. Damit werden diejenigen, die Aufträge an andere Unternehmen weitergeben, dafür verantwortlich, dass anständige Arbeitsbedingungen herrschen und Sozialabgaben korrekt gezahlt werden.
Zudem haben wir in dieser Woche ein Gesetz verabschiedet, dass die Grundlage für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Pflege schafft. Wer in der Pflege arbeitet und für andere Menschen da ist, leistet einen unschätzbaren Dienst für unsere Gesellschaft. Diese Arbeit muss mehr Wertschätzung erfahren.
Am Abend lud Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zum traditionellen Abendessen mit den Mitgliedern des Landwirtschaftsausschusses ein.

In der Ausschusssitzung am Mittwochvormittag sprachen wir unter anderem über den Stand der Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und den Beschlüssen des Bundeskabinetts zum Klimaschutz.
Im Anschluss an die Ausschusssitzung fand im Plenum eine einstündige Regierungsbefragung statt, in der sich Bundesinnenminister Horst Seehofer den Fragen der Abgeordneten zu seinem Geschäftsbereich und darüber hinausgehenden Themen stellte.

Vor dem Hintergrund der Demonstrationen gegen das geplante Agrarpaket, die am Dienstag deutschlandweit von Landwirten initiiert wurden, traf ich am Donnerstagmorgen zwei Landwirte und Vertreter des Bauernbundes Brandenburg, um mit ihnen über die derzeitige deutsche Agrarpolitik zu sprechen. Vor einigen Wochen hat die Bundesregierung ein Gesetzespaket zu wichtigen Agrar- und Umweltfragen geschnürt. Der Entwurf sieht beispielsweise unter anderem die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels vor. Allerdings nur auf freiwilliger Basis und nur für die Schweinehaltung. Zudem soll es zu keiner Verlängerung der Zulassung von Glyphosat nach 2023 kommen. Zusätzlich sollen rund 75 Millionen Euro EU-Gelder für eine nachhaltigere Landwirtschaft genutzt werden. Aus Sicht des Bauernbunds, der sich als Interessensvertreter der bäuerlichen Familienbetriebe versteht, tragen die zunehmenden Auflagen bei der Tierhaltung, der Düngeverordnung sowie der Aktionsplan Insektenschutz zum Aussterben der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe bei. Für mich ist klar: Die Natur zeigt uns derzeit sehr deutlich, dass wir etwas ändern müssen und ich bin davon überzeugt, dass ein landwirtschaftlich starkes Land bei Veränderungen vorangehen muss und kann. Aufgabe des Staates ist es, die Landwirtinnen und Landwirte bei diesem Prozess zu begleiten. 

Anschließend verfolgte ich im Plenum die Debatte über den Gesetzentwurf zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung. Mit dem Gesetz soll die berufliche Bildung fit für die Zukunft gemacht werden. Die Neuerungen gehen auf wichtige Trends und Herausforderungen in der beruflichen Bildung ein. So soll dem Mangel an Prüferinnen und Prüfern im dualen System entgegengewirkt werden, indem wir den Freistellungsanspruch für Prüferinnen und Prüfer nun im Gesetz verankern. Auch für die Auszubildenden konnten wir wichtige Verbesserungen auf den Weg bringen. So wird es im Rahmen der Reform endlich eine Mindestausbildungsvergütung für Auszubildende geben. Denn sie sind die Zukunft der Betriebe in unserem Land. Ihre Leistung verdient Respekt und eine ordentliche Bezahlung. Darüber hinaus wird es künftig für Auszubildende einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung von der betrieblichen Arbeit an einem Berufsschultag und eine gesetzliche Freistellung für einen zusätzlichen Lerntag am Vortag einer Prüfung geben. Zudem muss zukünftig der Arbeitgeber die Kosten für ausbildungsrelevante Fachliteratur übernehmen. Das sind wichtige Verbesserungen, die längst überfällig waren. Dennoch gibt es weiterhin viel zu tun, um die Berufsausbildung an die Veränderungen der Arbeitswelt anzupassen und sie wieder attraktiver für junge Menschen zu machen.

Am Abend fand eine Plenardebatte über die Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft mit Zukunft statt. In meiner Rede betonte ich, dass es die zentrale Aufgabe der politischen Entscheidungsträger ist, die landwirtschaftliche Produktion im Einklang mit den Wünschen und Anforderungen aus der breiten Gesellschaft zu bringen. Ich glaube, dass es der Wunsch ist, allen Lebewesen (auch Insekten) ausreichend Lebensraum in einer naturbelassenen Umwelt zu ermöglichen. Dazu muss es Veränderungen in der Landwirtschaft geben. Diese Veränderungen müssen und können wir vollziehen und es ist unsere Aufgabe, die Landwirtinnen und Landwirte bei diesen Transformationen zu unterstützen und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Nachdem ich auch am Freitagvormittag die letzten Plenardebatten verfolgte, ging es für mich wieder zurück in die Heimat.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende!

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB