Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichtes,
das Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu und das macht sich auch im Sitzungskalender des Deutschen Bundestages bemerkbar. Für mich ging es wieder nach Berlin. Dort angekommen, tagte die AG Landwirtschaft, in der wir unter anderem über den Fall der hessischen Fleisch- und Wurstwarenfabrik sprachen, deren Ware mit gesundheitsgefährdenden Listerien‑Keimen verunreinigt war. Der Fall offenbart systemische Mängel bei der Lebensmittelsicherheit.
Der Koalitionsvertrag schreibt die Entwicklung einheitlicher Standards, eine sachgerechte Kontrolldichte und eine schnellere Reaktion im Krisenfall vor. Die hierfür eingerichtete Projektgruppe hat zuletzt vor über einem Jahr das letzte Mal getagt. Das ist zu selten, wie der aktuelle Krisenfall zeigt. Wir haben im Koalitionsvertrag bereits notwendige Maßnahmen vereinbart, wie z. B. die bessere Vernetzung der Kontrollinstanzen, eine sachgerechte Kontrolldichte, schnelle Reaktion im Krisenfall und eine Regelung zur verbraucherfreundlichen Information über Lebensmittelkontrollergebnisse. Diese muss die Bundesernährungsministerin jetzt zügig umsetzen.
In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir über das Grundsteuer-Reformgesetz, welches wir in dieser Woche in 2. und 3. Lesung im Plenum beraten und verabschieden werden. Die Grundsteuer auf Wohneigentum wird von allen Hausbesitzern und auch von den Mietern bezahlt, denn sie kann über die Nebenkosten umgelegt werden. Weil die zur Berechnung herangezogenen Einheitswerte veraltet sind, hat das Bundesverfassungsgericht in einem Gerichtsurteil festgehalten, dass die Grundsteuer bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Da die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequelle für Kommunen ist, ist bei der Reform der Grundsteuer für die SPD die Sicherung der finanziellen Grundlagen der Städte und Gemeinden oberstes Prinzip, um die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung aufrechtzuhalten und zu stärken. Die Berechnung der Grundsteuer wird sich auf Bundesebene auch weiterhin am Wert der Grundstücke orientieren. Es macht demnach einen Unterschied, ob ein Haus oder eine Wohnung in einem begehrten Innenstadtviertel oder in einer weniger gefragten Randlage einer Metropole steht, ob es sich in einer ländlichen Gemeinde oder in der Stadt befindet. Dieser Wertbezug war ein für uns entscheidender Punkt, der nun in der Bundesregelung abgesichert wird. Leider haben wir nicht erreicht, dass es in jedem Fall bei einer bundeseinheitlichen Grundsteuer bleibt. Die CSU hat in letzter Minute mit Forderungen nach einer Öffnungsklausel für die Bundesländer die Verhandlungen torpediert. So wird es für die Länder eine Öffnungsklausel geben, damit sie die Grundsteuer nach anderen Bewertungsverfahren erheben können.
Ein weiteres wichtiges Anliegen, das in dieser Woche im Plenum in erster Lesung beraten wurde und über das wir am Mittwochvormittag im Landwirtschaftsausschuss diskutierten, ist das Direktzahlungen-Durchführungsgesetz. Das Gesetz regelt die Umschichtung von EU-Agrarmitteln von der sogenannten 1. Säule (flächenbezogen) in die sogenannte 2. Säule (programmbezogen). Als wichtiges Instrument der EU-Agrarförderung sichern die Direktzahlungen die landwirtschaftlichen Betriebe ab. Diese sind regelmäßig von erheblichen Preisschwankungen betroffen, die durch dieses Instrument abgefedert werden. Zudem werden die gesellschaftlichen und ökologischen Leistungen, die landwirtschaftliche Betriebe in der EU vollbringen, durch die Direktzahlungen abgegolten. In der Praxis bekommen die Betriebe pro Hektar im Durchschnitt 280 € aus der 1. Säule ohne dafür eine gesellschaftliche Gegenleistung erbringen zu müssen. In der 2. Säule werden öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen ausgegeben. Das bedeutet, die Verteilung der GAP-Mittel folgt dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben“. Wir lehnen dieses System in aller Konsequenz ab. Wir fordern eine tatsächliche Reform der GAP nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Ziel ist nicht die Kürzung der Agrarförderung, sondern deren Bindung an Kriterien, die den Menschen in den ländlichen Betrieben, den ländlichen Regionen sowie dem Tier- und Umweltschutz zugutekommen. Dabei ist die Größe des Betriebes unerheblich.
Die bisherige Umschichtung zwischen den Säulen beträgt 4,5 Prozent und wird Ende des Jahres aus-laufen, wenn wir keine Nachfolgeregelung treffen. Die Umschichtung soll dann ab 2020 für eine Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik 6,0 Prozent betragen – das entspricht ungefähr 25 Mio. € pro Jahr für 3 Jahre also 75 Mio. € für Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen aber auch Mittel für die Entwicklung ländlicher Räume. Mit diesem Modell würde die Förderung von mehr Natur-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz in der Landwirtschaft sowie die Stärkung der ländlichen Räume vorangetrieben. In der Nacht von Donnerstag zu Freitag durfte ich dazu im Plenum reden.
Im Anschluss an die Ausschusssitzung nahm ich, gemeinsam mit anderen Vertretern des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, an einer Diskussionsrunde zu aktuellen Fragen der Agrar- und Ernährungspolitik teil. Initiiert wurde die Veranstaltung vom VDL Bundesverband Agrar, Ernährung, Umwelt e.V. Dieser hat ein zweitägiges Berlin-Seminar für Studierende, Berufseinsteiger und Berufstätige aus der Agrar- und Ernährungsbranche organisiert. Die Seminar-Teilnehmer beschäftigten sich mit Fragen rund um die Agrar- und Ernährungspolitik sowie dem Einfluss von Lobbyarbeit auf die Agrarpolitik. Ich bedanke mich für die spannende Gesprächsrunde.

Anschließend führte ich ein Gespräch mit dem Präsidenten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Herrn Prof. Dr. Dittus. Das DLR ist eine Forschungseinrichtung, die sich vor allem auf die Erforschung von Erde und Sonnensystem konzentriert. Dabei spielt die Entwicklung nachhaltiger und umweltverträglicher Technologien eine große Rolle. In diesem Zusammenhang ist das DLR auch an maßgebender Forschung im Bereich der Landwirtschaft und Ernährung beteiligt. Ich sprach mit Herrn Prof. Dittus über neue Forschungsergebnisse. Er stellte das Projekt EDEN-ISS vor. Dabei handelt es sich um ein Gewächshaus, welches Pflanzenzüchtung in klimatisch ungünstigen Regionen, wie beispielsweise der Antarktis, der Wüste und zukünftig auch auf längeren Weltraumaufenthalten ermöglichen soll. Eine beeindruckende Forschung, die gerade in Zeiten der Nahrungsmittelproduktion bei fortschreitendem Klimawandel und einer zunehmenden Weltbevölkerung von Bedeutung ist.
Am Donnerstagmorgen fanden für alle Arbeitsgemeinschaften der Fraktion die Neu- bzw. Wiederwahl der Sprecherinnen und Sprecher statt. Ich freue mich sehr, dass ich von meinen Kolleginnen und Kollegen in meiner Funktion einstimmig bestätigt wurde und freue mich auf die zweite Regierungshalbzeit.

Den Rest des Tages verbrachte ich größtenteils im Plenum, wo ich in der Nacht zu Freitag meine Plenarrede zum Direktzahlungen-Durchführungsgesetz hielt. Welche Welt wollen wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen? Wie wollen wir in Zukunft wirtschaften? Wie stellen wir uns eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft vor? Meine Eltern und deren Eltern wollten immer, dass es mir und meinen Kindern mal besser geht als ihnen selbst. Dafür sind sie eingestanden. Und auch ich möchte meinen Kindern und Kindeskindern eine Welt hinterlassen, in der in der es ihnen besser geht. Die EU-Mitgliedstaaten hatten bis 2019 die Möglichkeit, Mittel aus den Direktzahlungen der 1. Säule der GAP auf die 2. Säule zur Entwicklung des ländlichen Raums zu übertragen. Dies ist aber für 2020 bzw. das Haushaltsjahr 2021 nicht vorgesehen. Wenn wir diese Umschichtung zwischen den Säulen allerdings nicht weiter bestehen lassen, hätte dies für viele Landwirte, aber auch für die Erreichung nationaler Klima- und Umweltziele massive Folgen. Viele Landwirte wollen durch nachhaltiges Wirtschaften für das Gemeinwohl einstehen. Nun müssen wir diesen modernen Landwirten die Chance geben, das tun zu können! Der aktuelle Reformprozess bietet die ideale Gelegenheit, Agrarsubventionen endlich sinnvoll auszugestalten.
Nachdem wir am Freitagvormittag die Grundgesetzänderungen für die Grundsteuer-Reform verabschiedet hatten, ging es für mich zurück in die Heimat.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und schönes Wochenende!
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB