Wochenbericht für die 2. Kalenderwoche 2021

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

für die SPD-Bundestagsfraktion begann der Start ins neue Jahr mit einer zweitägigen digitalen Jahresauftaktklausur. Die Corona-Krise hat global zu großen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen geführt und uns die Verwundbarkeit, Schwachstellen und bestehenden sozialen Spannungen in unseren Gesellschaften verdeutlicht. Darum standen bei unserer Klausurtagung natürlich auch die Corona-Pandemie und ihre Folgen auf der Tagesordnung. Klar ist: für die Bewältigung dieser Pandemie braucht es einen handlungsfähigen Staat, der die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützt. Wir haben in den vergangenen Monaten jedoch erleben müssen, wie der öffentliche Gesundheitsdienst deutlich an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist. Neben mangelnder Ausstattung erschweren die Struktur und die kommunalen Zuständigkeiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes eine bundesweite Zusammenarbeit. Um das zu ändern, wollen wir als zentrale Koordinierungsstelle ein Bundesgesundheitsamt einrichten. Unser Ziel ist es, den öffentlichen Gesundheitsdienst neben der ambulanten und stationären Versorgung zu einer starken dritten Säule im Gesundheitssystem ausbauen.
Einen weiteren Themenschwerpunkt bildeten die transatlantischen Beziehungen. Die jüngsten Ereignisse in den USA – die Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger, bei der fünf Menschen ums Leben gekommen sind – sind Grund zur Sorge und zeigen einmal mehr, wie tief Donald Trump das Land gespalten hat. Das Vertrauen auf beiden Seiten des Atlantiks ist erschüttert. Dennoch sind die USA nach wie vor unser wichtigster und engster Partner außerhalb Europas. Mit der Wahl Joe Bidens zum neuen US-Präsidenten bietet sich nun wieder die Chance, unsere Partnerschaft auf eine neue Grundlage zu stellen und zu einem konstruktiven Dialog zurückkehren. Die SPD-Bundestagsfraktion möchte diese Chance nutzen.

Für mich begann die Woche am Montag mit einem digitalen Austausch zur Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU ab 2020. Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der drei am EU-Gesetzgebungsprozess beteiligten Organe – Kommission, Parlament und Ministerrat – laufen auf Hochtouren. Gleichzeitig müssen alle EU-Mitgliedsstaaten erstmals einen Nationalen Strategieplan für die 1. und 2. Säule der GAP entwickeln. Um eine gemeinsame Linie über die Möglichkeiten zur nationalen Ausgestaltung zu finden, hat sich die SPD auf Bund-Länder-Ebene zu einem konstruktiven Austausch getroffen.
Anschließend tagte die AG Landwirtschaft.

In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir unter anderem über die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns. Dass Bund und Länder die Kontaktbeschränkungen verlängert und in Teilen auch verschärft haben ist richtig. Die Maxime muss auch weiterhin sein, die Gesundheit aller bestmöglich zu schützen. Gleichzeitig werden wir Unternehmen, Soloselbstständige und Freiberufler, die derzeit kein Geld verdienen können, auch weiterhin unterstützen. Seit dem Jahreswechsel erhalten Unternehmen, die direkt oder indirekt von den Schließungen betroffen sind, die Überbrückungshilfe III. Sie umfasst nochmal deutlich mehr Betroffene. Auch die Förderbeträge wurden angehoben. Zu den Fixkosten gibt es jetzt Zuschüsse von bis zu 500.000 Euro. Zudem setzen wir im Januar die Insolvenzantragspflicht aus.

Mittwoch begann mit der Ausschusssitzung Ernährung und Landwirtschaft.
Den Rest des Tages verbrachte ich größtenteils im Plenum, wo ich zunächst die Befragung der Bundesregierung mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner verfolgte. Leider scheint sich die Ministerin bis dato nicht in der Lage zu sehen, das Parlament in puncto Digitalisierung der Landwirtschaft mitzunehmen. Seit Dezember des letzten Jahres liegt die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Auftrag gegebene „Machbarkeitsstudie zu staatlichen digitalen Datenplattformen für die Landwirtschaft“ vom Fraunhofer IESE vor. Mithilfe einer Agrar-Masterplattform als Handwerkzeug für unsere Landwirt*innen können wir ihre Arbeit modernisieren, effektiver gestalten und erleichtern. Längst sind sowohl die vielen Landwirt*innen dazu willens und sehen die Chancen, die damit einhergehen. Auch die hiesige Landtechnikindustrie steht bereits unruhig in den Startlöchern und pocht auf den unverzüglichen Startschuss durch die Ministerin. Die Landwirtschaftsministerin muss nun endlich handeln und gemeinsam mit den Bundesländern effektive Lösungswege zu finden.

Am Mittwochabend debattierte der Bundestag über den Koalitionsantrag zur Förderung der Agroforstwirtschaft. Ziel des Antrages ist es die Produktivität, die Klimaresilienz und die Biodiversität unserer Agroforstsysteme zu steigern. Agroforstsysteme erweitern die Palette an förderbaren Landnutzungssystemen für unsere Landwirt*Innen. Sie sind wichtige Schutzräume für eine große Artenvielfalt auf unseren monoton bepflanzten Äckern. Agroforstwirtschaft kann die Bodenfruchtbarkeit, die Wasserqualität, und das Mikroklima verbessern, also einen wirklichen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz leisten. Die Verwendung des Rohstoffes Holz, der äußerst vielfältig im nachhaltigen Bausektor Verwendung findet, speichert zugleich weitere CO2-Mengen und sichert wichtige Arbeitsplätze für den Standort Deutschland. Der Antrag ist ein wichtiger Schritt hin zur Förderung von Ökosystemdienstleistungen als Element einer regenerativen Landwirtschaft.
Wer sich meine Rede in voller Länge anschauen möchte, kann dies gerne unter folgendem Link tun: https://dbtg.tv/fvid/7495591

Direkt im Anschluss wurde eine sehr emotionale Debatte über die deutsche und EU-weite Landwirtschaftspolitik geführt. Unser globalisiertes Agrarsystem hat zur Übernutzung natürlicher Ressourcen geführt und den Klimawandel verstärkt. Unser Ziel ist eine Landwirtschaft, die ökonomisch sinnvoll und sozial ausgewogen ist und unsere Natur schützt. Doch statt die Verhandlungen über die Ausgestaltung der europäischen Agrarpolitik nach 2020 als Chance zu begreifen und eine echte Umgestaltung der europäischen Agrarsubventionen vorzunehmen, ist die Bundesministerin bis dato nur bereit, 20 Prozent der Direktzahlungen für Ökosystemleistungen zu zahlen. Die restlichen 80 Prozent sollen weiter für den reinen Flächenbesitzt ausgeschüttet werden. Statt den vielen kleinen Betrieben zu helfen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Leistungen für Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen zu honorieren, bleiben wir leider beim alten System, das Flächeneigentümer belohnt. Dass Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft nicht genutzt hat, um mehr zu erreichen und als gutes Beispiel voranzugehen, ist ernüchternd und zeigt, dass die Erfüllung mancher Lobbyinteressen wichtiger zu sein scheint, als eine nachhaltige und gerechte Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik im Sinne der Verbrauer*Innen, Arbeitnehmer*Innen und der Umwelt.
Wer sich auch diese Rede in Gänze anschauen möchte, kann dies gern unter folgendem Link tun: https://dbtg.tv/fvid/7495597

Am Donnerstag wurde im Plenum der Ernährungspolitische Bericht der Bundesregierung vorgestellt. Der Bericht befasst sich mit den bundespolitischen Grundlagen, Zielen und Maßnahmen in den Bereichen Ernährung und gesundheitlicher Verbraucherschutz seit 2016. Er zeigt, wie bedeutend das Thema in den letzten Jahren geworden ist. Gleichzeitig wird jedoch auch klar, dass wir viele Probleme – sei es die Ernährungsarmut oder die Lebensmittelverschwendung – bislang nicht gelöst haben. In unserem Positionspapier ‚Ernährungsarmut bekämpfen‘ haben wir unsere Maßnahmen für eine nachhaltigere Ernährungspolitik dargelegt. Was wir endlich brauchen, ist eine verbindliche Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Transfette, die für ein gesünderes Produktangebot sorgt sowie eine verpflichtende, europaweit geltende Nutriscore-Nährwertkennzeichnung, die die gesündere Wahl für Verbraucher*innen auf einen Blick erkennbar macht. Gesunde und nachhaltige Ernährung muss für jeden Geldbeutel erschwinglich sein. Der Staat ist hier in der Pflicht, für angemessene Ernährungsbudgets in den Sozialtransfers zu sorgen. Auch der schulischen Bildung kommt eine besondere Bedeutung für einen bewussteren Umgang mit unseren Lebensmitteln zu. Denn Wertschätzung beginnt mit der Kenntnis über die Ressourcen und die Arbeit, die in einem Produkt enthalten sind. Es bleibt also noch viel zu tun.

Meine Woche endete am Freitag mit einer digitalen Landesgruppensitzung. Zu Gast waren unserer niedersächsischer Ministerpräsident Stephan weil und unser niedersächsischer Wirtschaftsminister Olaf Lies. Wir sprachen über den Klimaschutz und die Energiewende.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende. Bleiben Sie/bleibt gesund.

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB