Wochenbericht für die 14. Kalenderwoche 2021

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

in dieser Woche kam die SPD Niedersachsen zu einer zweitägigen digitalen Frühjahrsklausur zusammen. Am ersten Tag sprachen wir unter anderem über das gemeinsam erarbeitete Eckpunktepapier der SPD und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Niedersachsen. Das Papier „Ein lebenswertes Niedersachsen für Alle!“ bietet Perspektiven zur Entwicklung von Wirtschaft, Arbeit und Leben in Niedersachsen. Unser niedersächsischer Ministerpräsident Stephan Weil und der DGB- Bezirksvorsitzende Dr. Mehrdad Payandeh stellten uns die gemeinsam erarbeiteten Handlungsschwerpunkte vor. Demnach ist ein wichtiges Ziel vor allem bezahlbare Wohnungen. Da der private Wohnungsbau absehbar zu keiner weiteren Entspannung auf dem Wohnungsmarkt führen wird, plant Stephan Weil die Schaffung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft. Dies soll den Rückgang von bezahlbaren Wohnungen aufhalten. Ein weiterer Fokus des gemeinsamen Papiers liegt auf der ärztlichen Versorgung auf dem Land. Um eine lückenlose ärztliche Infrastruktur und leistungsfähige Krankenhäuser in unserem großen Flächenland gewährleisten zu können, sieht das Papier vor, Medizinstudienplätze an Bewerber zu vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss ihrer Ausbildung für bis zu zehn Jahre in einer unterversorgten Region zu arbeiten. Darüber hinaus enthält das Papier auch umfassende Vorschläge für eine soziale und solidarische Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sowie Bildungs- und Sozialpolitik.
Am zweiten Tag widmeten wir uns der bevorstehenden Bundestagswahl am 26. September 2021. Dazu diskutierten wir mit unserem Generalsekretär Lars Klingbeil und unserem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz über unser Wahlprogramm und geplanten Kampagnen.

Ich habe bereits in der letzten Woche über die geplante Novelle des Bundesjagdgesetzes berichtet, die von der Union aufgrund internen Streits zwischen Waldbesitzern und Jägerschaft verhindert wurde. In der Landwirtschaftspolitik der Union setzt sich gerade folgende Prämisse durch: Lobbywohl statt Gemeinwohl. Die Wahlversprechen der Union sind in diesem (Wahl-)Jahr früher am Start als die Zugvögel. Antreiber der unheilvollen Politik: natürlich die CSU. Markus Söder lässt seine bayerischen Beamten und Lobbyisten mittlerweile auf allen Ebenen in sämtliche bundesdeutsche Politikbereiche hineinreden. So auch beim Bundesjagdgesetz. Die bayrische CSU-Landesregierung verhindert hier in Tateinheit mit der bayrischen Jäger-Lobby ein Bundesgesetz, weil ihr eigenes Landesgesetz ihre Klientel besser bedient. Aber eine Lex Bayern wird es beim Bundesjagdgesetz mit der SPD nicht geben. Nachdem seit 1976 keine größere Novellierung des Bundesjagdgesetzes vorgenommen wurde, ist es jetzt höchste Zeit, das Jagdrecht anzupassen. Denn unsere Wälder sind in einem schlechten Zustand und müssen dringend an den Klimawandel angepasst werden. Wir begrüßen die Regelungen zur Verständigung von Waldbesitzenden und der Jägerschaft zur Anpassung der Rehwildbestände, damit der Waldumbau gelingen kann. Grundlage hierfür soll ein Vegetationsgutachten sein, das auch Aussagen über den Lebensraum des Rehwildes enthalten kann. Wir wollen einen Ausgleich zwischen der Jägerschaft und den Waldbesitzenden. Dadurch, dass wir die Entscheidungskompetenz in die Reviere bringen, stärken wir die Eigenverantwortung vor Ort. Diese sinnvollen und wichtigen Regelungen für den Wald und für die Jagd wären bei einem Scheitern des Gesetzes hinfällig. Eine Länderöffnungsklausel ermöglicht den Ländern überdies sehr viele Spielräume für eigne, regionale Akzente. Tragisch dabei: der große Bruder CDU schaut zu und lässt es geschehen. Falls sich die gesamte Union weiterhin diesem Verdikt unterwerfen sollte, nimmt sie bewusst in Kauf, dass bald auch 70 Millionen Nicht-Bayern in Deutschland von München aus regiert werden sollen.

Am Donnerstag sprach ich mit Vertreter*Innen des Landvolks Niedersachsen über das Insektenschutzgesetz und die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung. Sie enthalten komplexe Regelungen mit vielen Ausnahmetatbeständen. Mit den vom Bundeskabinett beschlossenen Vorlagen werden einerseits die im Aktionsprogramm Insektenschutz beschlossenen Maßnahmen bundesweit umgesetzt, aber auch die Möglichkeit eröffnet, dass rechtliche Regelungen der Bundesländer, wie z. B. der niedersächsische Weg der Landwirt*Innen, für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel belohnt werden. Während beim Insektenschutzgesetz der Deutsche Bundestag und der Bundesrat an den parlamentarischen Beratungen beteiligt sind, sind bei der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung lediglich die Bundesregierung und der Bundesrat beteiligt. Im parlamentarischen Verfahren zum Insektenschutzgesetz werden wir darauf achten, dass es zu einem fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Insektenschutzes und denen der Landwirt*Innen kommt.

Im Gespräch mit Vertreter*Innen des Landvolks Niedersachsen
Im Gespräch mit Vertreter*Innen des Landvolks Niedersachsen

Heute sprach ich gemeinsam mit meinem Kollegen Johann Saathoff mit Vertrerter*Innen von Land schafft Verbindung (LSV) aus Bayern und den LSV Milchviehhaltern über die UTP-Richtlinie. Bis zum 1. Mai 2021 soll innerhalb der EU ein einheitlicher Mindeststandard zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittellieferkette geschaffen werden. Der derzeitige Gesetzentwurf sieht generelle Verbote („Schwarze Liste“) sowie Praktiken vor, die nur dann erlaubt sein dürfen, wenn sie vorher zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurden („Graue Liste“). Bei Verstößen kann die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt Bußgelder verhängen. Wir als SPD fordern die Überführung der Grauen Liste in die Schwarze Liste und die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle, bei der Betroffene anonym unfaire Praktiken melden können. Bis auf wenige Ausnahmen spricht aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels nichts gegen eine solche Überführung. Der Ball liegt nun bei der Union.
Neben der UTP-Richtlinie sprachen wir auch über die Herausforderungen in der Ernährungs- und Landwirtschaft insgesamt. Unser globalisiertes Agrarsystem hat zur Übernutzung natürlicher Ressourcen geführt und den Klimawandel verstärkt. Es ist längst an der Zeit, diese Probleme durch eine zukunftsfähige Agrarpolitik zu lösen. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die ökonomisch sinnvoll und sozial ausgewogen ist. Gleichzeitig sehen wir anhand der zahlreichen Proteste der letzten Monate, dass viele Landwirt*Innen sich angesichts neuer Auflagen um ihre Existenz fürchten. Jahrelang hat das Landwirtschaftsministerium es versäumt, eine vorausschauende, zukunftsfähige Agrarpolitik zu betreiben, die Landwirt*Innen Planungssicherheit gibt. Daher kann ich verstehen, dass viele Landwirt*Innen sich derzeit von der Politik im Stich gelassen fühlen. Ich habe oft gesagt, dass für mich der direkte Dialog zwischen Politik und Bürger*Innen äußerst wichtig ist. In zahlreichen Gesprächen mit Landwirt*Innen aus der gesamten Republik habe ich in den vergangenen Monaten über ihre Ängste und Sorgen, ihren Frust und ihre Wut gesprochen. Für mich war es daher nur logisch, dass ich der Einladung der Vertreter*Innen von Land schafft Verbindung (LSV) auf ihrer nächsten Demonstration in der kommenden Woche am Brandenburger Tor zu sprechen, gefolgt bin. Die Debatte zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsinteressen ist natürlich nicht immer einfach. Aber es ist möglich, beide Seiten zusammenzuführen. Wir als SPD-Bundestagsfraktion stehen an der Seite aller derer, die im Ernährungs- und Landwirtschaftsbereich tätig sind; aber eben auch zum Natur- und Insektenschutz. Was uns alle eint, ist die langfristige, die nachhaltige Perspektive. Unser Ziel ist  ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen, der zu einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Lösung führt.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende. Bleiben Sie/bleibt gesund.

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB