Rainer Spiering, agrarpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
Heute wurde der Nährstoffbericht für Niedersachsen vorgestellt. Aus dem Bericht geht hervor, dass im Nordwesten Deutschlands weiterhin zu viel Dünger auf den Äckern landet. So fielen zwischen Mitte 2017 und Mitte 2018 ca. 50.000 Tonnen Stickstoff mehr an, als Pflanzen zur Düngung gebraucht hätten. Dieser landet größtenteils im Grundwasser. Das verdeutlicht wieder einmal, dass Deutschland zu wenig getan hat, um die Nitratwerte im Grundwasser zu senken und hierzu zurecht vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wurde.
Daher ist es auch nicht mehr nachvollziehbar, dass vor allem der Deutsche Bauernverband (DBV) offen gegen eine notwendige Anpassung des Düngerechts polemisiert. Die jüngst vom DBV veröffentlichten Karikaturen zu diesem Thema[1] verdeutlichen, dass der oberste Interessenverband der deutschen Landwirtschaft die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt hat. Wer von der EU und vom deutschen Staat jedes Jahr über 12 Milliarden Euro bekommt,[2] sollte sich vorsehen, auf welchen Ast man sitzt. Sie erweisen dem Berufsstand damit einen Bärendienst.
Denn Gewässerschutz ist nicht nur Umweltschutz, sondern letztendlich auch Verbraucherschutz. Schon heute drohen die Kosten für die Trinkwasseraufbereitung in einigen Regionen Deutschlands stark anzusteigen. Nach Berechnungen von Wasserversorgern könnte die Jahresendrechnung für einen Dreipersonenhaushalt um über 60 Prozent bzw. knapp 140 Euro im Jahr steigen.[3] Hinzu kommen die möglichen Strafzahlungen von bis zu 860.000 Euro pro Tag, die die Steuerzahler aufbringen müssen und die Mittel dann eben nicht mehr für die Sanierung von Schulen, dem Ausbau der Infrastruktur oder dem Erhalt der medizinischen Versorgung auf dem Land zur Verfügung stehen. Das werden die Bürger*innen immer schwerer nachvollziehen können. Auch ist es fraglich, wie lange sich die rechtschaffenden Landwirte noch solidarisch mit den Verursachern zeigen können.
Vor diesem Hintergrund appelliere ich an die Bundesministerin und die Bundesländer, keinen weiteren Unmut der EU-Kommission zu riskieren, rasch zu einer wirksamen Lösung zur Nitratreduzierung zu kommen und sich endlich von den Fängen des DBV zu befreien. Auch fordern wir in unserem Positionspapier[4], dass Deutschland zu einer flächengebundenen Tierhaltung zurückkommen, emissionsarme Technik genutzt und Wirtschaftsdünger direkt eingearbeitet werden muss. Auch müssen alle betroffenen Behörden, wie in anderen europäischen Mitgliedsstaaten auch, ihre Daten miteinander abgleichen können.
Dem Agrarsystem fehlt es nicht an öffentlichen Fördermitteln, sie werden jedoch nicht effektiv genutzt. Daher setzen wir uns dafür ein, dass die Mittel der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) zukünftig zielgerichteter für Umwelt-, Klima- und Wasserschutz eingesetzt und nicht an den Flächeneigentümer durchgereicht werden. Leistungen für die Allgemeinheit und gerade auch für sauberes Wasser mit dem Ziel der Nitratreduktion müssen wesentlich stärker honoriert werden.
[1] https://www.bauernverband.de/bundesadler und https://www.bauernverband.de/karikatur-huerdenlaeufer-zur-duengeverordnung [23.04.2019]
[2] Siehe auch https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Subventionspolitik/2017-08-23-subventionsbericht-26.html [24.04.2019]
[3] https://www.bdew.de/wasser-abwasser/nitrat-im-grundwasser/nitratverschmutzung-es-drohen-regional-stark-steigende-wasserpreise/ [23.04.2019]
[4] https://www.rainer-spiering.de/wp-content/uploads/2019/04/2019-04-04-SPD-AGEL-Forderungen-zur-Duengenovellierung.pdf