Wochenbericht für die 50. Kalenderwoche 2018 und Jahresrückblick

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

es ist schon wieder soweit: die letzte Sitzungswoche 2018 neigt sich dem Ende zu. Sie hielt noch einmal einige spannende Termine bereit, bevor die Mandatsträger nun in ihren Weihnachtsurlaub starten können.

Am Montagmorgen nahm ich an einer öffentlichen Anhörung zum Thema Tabakaußenwerbeverbot teil. Sie bestätigte erneut, wie wichtig der Verbot von Tabakaußenwerbung für den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen ist. Rauchen gehört zu den größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken in Deutschland. Gerade Kinder und Jugendliche sind durch diese Form der Werbung besonders leicht für den Tabakkonsum zu gewinnen. Gerade deshalb ist es der SPD-Bundestagsfraktion ein besonderes Anliegen, die Außenwerbung für Tabak in Deutschland endlich zu verbieten. Bisher scheinen wirtschaftliche Interessen jedoch leider wichtiger gewesen zu sein, als der Verbraucherschutz unserer Kinder und Jugendlichen. Das muss sich ändern.

Im Anschluss an die Anhörung tagte die AG Landwirtschaft, in der ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen die Ergebnisse der Anhörung besprach. Darüber hinaus nutzten wir die letzte Sitzung vor der Weihnachtszeit, um unsere bevorstehende Klausur im nächsten Jahr inhaltlich sowie organisatorisch vorzubereiten.
Den Tag rundete die Weihnachtsfeier der Landesgruppe Niedersachsen ab. Zusammen mit all meinen Kolleginnen und Kollegen aus Niedersachsen sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern läuteten wir die Weihnachtszeit ein.

Vor dem Hintergrund der von Theresa May verschobenen Abstimmung über das Brexit-Abkommen am Montag im Britischen Unterhaus, diskutierten wir in der Fraktionssitzung am Dienstag über unseren Antrag „Den Brexit geordnet vollziehen“. In dem Antrag sprechen wir uns zusammen mit der Union für einen geordneten Brexit aus. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union soll so gestaltet werden, dass der wechselseitige Schaden möglichst gering ausfällt. Der Antrag betont daher, dass Nachverhandlungen keinen Erfolg haben werden, denn eine bessere und für beide Seiten fairere Vereinbarung wird es nicht geben. Nur wenn es einen vertraglich geregelten Austritt gibt, können die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich so eng wie möglich ausgestaltet werden. Auch für den Bereich der Sicherheitskooperation streben wir eine möglichst weitgehende Fortführung der bisherigen Beziehungen an. Klar ist aber: Eine neue Partnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wird nicht mehr so eng sein wie es bei einer fortgeführten Mitgliedschaft möglich gewesen wäre. Über den Antrag wird am Mittwoch im Bundestag abgestimmt.

Im Landwirtschaftsausschuss am Mittwochmorgen waren Vertreterinnen und Vertreter von Stiftung Warentest zu Gast. In den vergangenen beiden Jahren hat die Stiftung Warentest in 15 Untersuchungen Kinderprodukte geprüft. Die Expertinnen und Experten stellten die Ergebnisse der Testauswertungen von Kinderprodukten (u. a. Spielzeug, Kinderwagen, Hochstühle etc.) aus dem Jahr 2017 und 2018 vor; sie sind gleichermaßen ernüchternd und alarmierend. Jedes vierte Produkt für Kinder ist mangelhaft bewertet worden. Sowas darf nicht sein – Eltern sollten sich darauf verlassen können, dass auf dem Markt erhältliches Spielzeug keine Gefahr für die Gesundheit ihrer Kinder darstellt. Hier muss sich hinsichtlich des Verbraucherschutzes dringend etwas ändern.

Den Donnerstag verbrachte ich größtenteils im Plenum, wo wir noch ausstehende Stellvertreter für verschiedene Gremien sowie unter anderem auch einen stellvertretenden Bundestagspräsidenten gewählt haben.

Am Freitag wurde im Plenum abschließend über das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, kurz das Gute-Kita-Gesetz, beraten. Das Gesetz von SPD-Familienministerin Franziska Giffey sieht vor, die Qualität der Kindertagesbetreuung in Deutschland zu verbessern und die Gebührenfreiheit, auch für Familien mit geringem Einkommen, auszuweiten. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass alle den gleichen Zugang zu Bildung haben, unabhängig von der Herkunft. Kindertagesstätten sind Orte frühkindlicher Bildung und nicht nur der Betreuung. Und genauso wie Bildung an Schulen und Hochschulen kostenlos ist, muss der Besuch von Kitas kostenlos sein. Deshalb können die Bundesmittel laut Gesetzentwurf auch für Maßnahmen zur Gebührenfreiheit genutzt werden. Wo Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf Landesebene regieren, wurden und werden Kitagebühren schrittweise abgeschafft.
Damit die insgesamt 5,5 Milliarden Euro, welche der Bund für das Gute-Kita-Gesetz zur Verfügung stellt, auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden, werden mit jedem Bundesland Verträge geschlossen. Darin soll unter anderem festgehalten werden, wie Qualitätsverbesserungen in der Kindertagesbetreuung bzw. die Entlastung von Eltern bei den Gebühren erreicht werden sollen.

Damit endete meine letzte Sitzungswoche in Berlin, doch bevor ich mich von Ihnen und Euch für dieses Jahr verabschiede, möchte ich gerne das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren lassen:

Ein kurzer Rückblick auf ein turbulentes Jahr:

Mit 2018 geht ein sehr turbulentes Jahr zu Ende. Ein Jahr, in dem ich viele aufschlussreiche Gespräche geführt und interessante Menschen kennengelernt habe. Ein Jahr voller politischer Ereignisse, in dem mich viel berührt und beschäftigt hat und welches mich vor neue Aufgaben und Herausforderungen gestellt hat.
2018 begann für mich mit einem sehr spannenden Ereignis, an dem ich zum ersten Mal in meiner politischen Karriere teilhaben durfte: den langen und sehr intensiven Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung zwischen SPD und CDU/CSU. Es war eine bereichernde Erfahrung und ich fühle mich nach wie vor geehrt, dass ich für die SPD den Bereich Ernährung und Landwirtschaft in unserem Koalitionsvertrag mitverhandeln durfte. Nach turbulenten Tagen, Wochen und Monaten, in denen viel und vor allem kontrovers innerhalb der SPD diskutiert wurde, wurde schließlich eine Regierung gebildet. Damit konnte die parlamentarische Arbeit mit einiger Verzögerung endlich beginnen.

Mit dem Beginn der Legislaturperiode begann auch für mich eine neue Aufgabe, denn ich wurde von unserer Arbeitsgemeinschaft Ernährung und Landwirtschaft zum agrarpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion gewählt. Über das von meinen Kolleginnen und Kollegen der AG entgegengebrachte Vertrauen habe ich mich sehr gefreut. Es ist eine Aufgabe, die mich nach wie vor fordert und mich immer wieder an Erfahrungen bereichert.

Im April reiste ich erstmals im Rahmen eines interparlamentarischen Treffens mit EU-Agrarpolitikern nach Brüssel. Dort machte ich mir einen Eindruck von den politischen Prozessen und Abläufen auf EU-Ebene. In einem Verbund von derzeit noch 28 Staaten erweist sich insbesondere die Kompromissfindung als besonders mühsam. Diesen Prozess auf europapolitischer Ebene einmal selbst mitzuerleben, war äußerst spannend.

Nach einer leider enttäuschenden deutschen Leistung bei der Fußball Weltmeisterschaft in Russland standen im Sommer vor allem die Folgen der in Europa seit April anhaltenden Hitze und Trockenheit im Vordergrund. Waldbrände, Ernteausfälle und Hitzeschäden stellten die Länder vor große Herausforderungen. Die damalige Entscheidung, unseren Landwirtinnen und Landwirten, die durch die Dürre mit starken Ernteeinbußen konfrontiert waren, zu helfen, war richtig und notwendig. Die Dürreperiode machte allerdings auch deutlich, wie dringend wir eine langfristige und nachhaltige Strategie brauchen, die die deutsche und europäische Landwirtschaft auch für kommende Wetterkapriolen dauerhaft rüstet.

Zurück aus der parlamentarischen Sommerpause, folgte schon die nächste Zerreißprobe: die Causa Maaßen. Das durch diesen Vorfall vermittelte Bild über Politik und insbesondere Personalpolitik hat mich mit großer Sorge erfüllt. Der Fall verdeutlichte eine fehlende Führungsstärke der Kanzlerin. Sie hätte ihre „personelle Handlungsunfähigkeit“ unter Beweis stellen müssen und Herrn Maaßen ohne Wenn und Aber aus dem Amt entlassen müssen. Und leider waren auch wir wieder einmal betroffen – und das nicht ganz ohne Schuld, denn wir haben es nicht geschafft, uns auf die zentralen Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu fokussieren. Dabei glaube ich nach wie vor, dass die SPD weiß, welche Themen für die Menschen von zentraler Bedeutung sind und es ist gerade dieser Widerspruch der mir Bauchschmerzen bereitet. Umso schmerzlicher waren daher die Wahlergebnisse der beiden Landtagswahlen in Bayern und Hessen.

Wie schon in der letzten Legislaturperiode hatte ich auch in diesem Jahr die Möglichkeit, zusammen mit Kolleginnen und Kollegen an einer Delegationsreise nach Argentinien teilzunehmen. Obwohl ich mich schon ein wenig mit dem Land vertraut machen konnte, ließ ich mir die Möglichkeit nicht nehmen, das zweitgrößte Land Lateinamerikas im Oktober noch einmal zu besuchen. Die diesjährige Reise fand im Rahmen der Arbeit des Agrarausschusses statt. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Delegationsreise gehörten z. B. die Frage nach mehr Nachhaltigkeit in der Land- und Forstwirtschaft, dem Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, dem Landnutzungswandel, der Rindfleischerzeugung, dem Anbau von gentechnisch bzw. nichtgentechnisch veränderten Soja und der Digitalisierung in der Landwirtschaft.

Ein persönliches Highlight in diesem Jahr war die beeindruckende Rede unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zum 100. Geburtstag der parlamentarischen Demokratie im Plenum des Deutschen Bundestages. Für mich – und ich glaube für viele Demokratinnen und Demokraten – war es die Rede des Jahres 2018. Sie hat mich tief berührt und ich stimme Frank-Walter Steinmeier voll und ganz zu: Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft mit sich selbst im Gespräch bleibt. Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Erbe für das wir streiten müssen! Seine Rede hat auf besondere Weise das Licht und den Schatten der deutschen Geschichte beschrieben und hat sie mit dem Appell an einen Patriotismus der leisen Töne – einem demokratischen Patriotismus – verbunden. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmend populistischen Tendenzen in Europa sollten wir die Lehren, die wir aus unserer eigenen und der europäischen Geschichte gezogen haben, nicht vergessen. Der scheinbar immer größer werdende Riss, der sich durch Europa zieht und sich beispielsweise in der Entscheidung eines Brexits oder auch durch die Wahlergebnisse in Ländern wie Italien und den Visegrád-Staaten äußert, lässt Europa wie ein Kontinent tief gespaltener Nationalstaaten erscheinen und stellt uns vor große Herausforderungen. Wir sollten uns gegenseitig wieder mehr zuhören und uns gemeinsam für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa einsetzen. Dies bedeutet auch, dass wir bestehende Ungleichheiten (in und zwischen den Ländern) beseitigen müssen.

Auf manch einen mögen viele Ereignisse in diesem Jahr besorgniserregend wirken und das sind sie mitunter auch. Gerade deshalb möchte ich zum Schluss auch einige positive Veränderungen erwähnen, für die wir uns als SPD in diesem Jahr unermüdlich und mit Erfolg eingesetzt haben. Wir haben zahlreiche neue Regelungen und Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, von denen viele Bürgerinnen und Bürger zukünftig profitieren werden und mit denen wir in zentralen Politikfeldern die Weichen neu stellen werden:

  • Wir haben mit dem sozialen Arbeitsmarkt für viele tausend Langzeitarbeitslose eine neue Perspektive geschaffen und unterstützen damit auch besonders betroffene Kommunen.
  • Wir haben die Rechte von Millionen Mieterinnen und Mietern gestärkt, indem wir die Modernisierungsumlage begrenzt und eine Auskunftspflicht über den bisherigen Mietpreis eingeführt haben. Darüber hinaus fördern wir bezahlbaren Wohnraum und den sozialen Wohnungsbau massiv und sorgen mit der verbilligten Abgabe von Immobilien des Bundes und der Mobilisierung von Bauland für mehr Wohnraum.
  • Wir haben die finanzielle Situation von Familien verbessert. Es wird mehr Kindergeld und einen höheren Kinderfreibetrag geben. Darüber hinaus wird es einen höheren Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer geben.
  • Wir haben dafür gesorgt, dass die Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung wieder gerecht zwischen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern geteilt werden. Damit sinkt der Beitrag für Millionen Beschäftigte in Deutschland zum 1. Januar 2019.
  • Wir sorgen für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen im Bereich der Altenpflege. Dafür haben wir ein Sofortprogramm für 13.000 neue Stellen in stationären Pflegeeinrichtungen aufgelegt.
  • Wir haben das Absinken des Rentenniveaus gestoppt und dafür gesorgt, dass die Renten wieder so stark steigen wie die Löhne. Damit haben wir das Vertrauen in die gesetzliche Rente als tragende Säule der Altersvorsorge gestärkt.
  • Wir haben die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestärkt. Mit dem Rückkehrrecht in die vorherige Arbeitszeit kommen vor allem Frauen aus der Teilzeitfalle heraus. Kurzfristig beschäftigte erhalten einen besseren Schutz in der Arbeitslosenversicherung und Beschäftigte auf Abruf erhalten mehr Rechte. Und wer vom digitalen Wandel besonders betroffen ist, erhält einen besseren Zugang zur Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit. Wir wollen Arbeitslosigkeit künftig verhindern, bevor sie entsteht.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher haben wir durch die Einführung der Musterfeststellungsklage („Einer-für-Alle-Klage“) und damit gegenüber großen Konzernen gestärkt.

Wir haben es in diesem Parlamentsjahr geschafft, viele unserer Vorhaben auf den Weg zu bringen und eine sozialdemokratische Handschrift zu hinterlassen. Nun ist es Zeit für eine kleine Pause, damit wir mit gestärkten Kräften in das neue Jahr 2019 starten können.

Ich wünsche Ihnen und Euch eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Ihr und Euer Rainer Spiering, MdB