Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion begann unsere Arbeit am Sonntagmorgen mit dem Auftakt der Klausurtagung in Berlin. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die politische Lage und das eigene Parteiprofil. Nachdem wir die Klausur am Montagmittag beendet haben, begann die parlamentarische Arbeit. Meine Themenschwerpunkte in dieser Woche waren vor allem die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (zu der ich heute im Plenum sprechen werde), sowie die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Mit dem Gesetzentwurf der Grünen für ein Verbot der Außen- und Kinowerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter, stand am Donnerstag ein in Vergessenheit geratenes Thema wieder auf der Tagesordnung. Da ich in der letzten Legislaturperiode für die nationale Umsetzung der europäischen Tabakproduktrichtlinie mit zuständig war, bedeutete dies für mich eine weitere Plenarrede in der Nacht von Donnerstag auf Freitag.

In der AG Landwirtschaft besprachen wir unsere Vorhabenplanung, insbesondere der im Koalitionsvertrag relevanten Themen, bis Mitte 2019.
Letzten Freitag veröffentlichte der EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Phil Hogan die Legislativvorschläge der Europäischen Kommission für eine zukünftige Ausgestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Damit sind die Verhandlungen über die Neugestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik eröffnet und beherrschten auch im Landwirtschaftsausschuss am Mittwochvormittag die Diskussion. Zwar gibt der Vorschlag der Kommission schon die Richtung der Neujustierung an, jedoch bleiben die Fragen der Finanzierung, bis der mittelfristige Finanzrahmen für Europa festgelegt ist, noch offen. Dort liegt der entscheidende Punkt hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Landwirtschaft. Das europäische Agrarsubventionssystem ist in seiner derzeitigen Form überholt und ineffektiv. Entscheidend ist, dass mit der anstehenden Reform ein Einstieg in den Ausstieg aus der Gießkannenförderung über die Fläche eingeläutet wird. Derzeit wird der Großteil der Gelder nicht für nachhaltige Landwirtschaft verausgabt, sondern belohnt reinen Flächenbesitz. Eine bessere staatliche Verzinsung von Eigentum gibt es in keinem anderen Wirtschafts- und Lebensbereich. Durchschnittlich bekommen landwirtschaftliche Betriebe inklusive zusätzlicher Zuschüsse (wie zum Bespiel der klimaschädlichen Agrardieselvergütung oder durch Zahlungen von Investitionszuschüssen) gut 400 Euro je Hektar. Wenn man also in Deutschland 13 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche besitzt, erhält man so viele Steuergelder wie ein Hartz-4-Empfänger im ganzen Jahr an ALG II bekommt. Das kann und darf nicht sein. Statt reinen Besitz zu subventionieren, sollte ein System der echten Entlohnung von öffentlichen Leistungen etabliert werden. Die Zahlungen sollten in eine nachhaltige Landwirtschaft investiert werden, die sich an Zielen des Klimaschutzes, dem Erhalt der Artenvielfalt, dem Verbraucher- und Tierschutz orientiert. Phil Hogans Vorschläge sind ein erster Schritt hin zu einer stärkeren Förderung nachhaltiger Landwirtschaft – jetzt gilt es, dass sie nicht wie immer Lobbyinteressen zum Opfer fallen!
Am Nachmittag war ich zu Gast bei einer Podiumsdiskussion des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, kurz Bitkom. Bei dem politischen Lunch zum Thema Digitalisierung der Landwirtschaft, diskutierten wir über die Vernetzung von Daten entlang der kompletten Wertschöpfungskette, das heißt vom Landwirt über die Verarbeitung bis hin zum Supermarkt. Wir beschäftigten uns in diesem Zusammenhang mit den Herausforderungen im Bereich der Datenhoheit und des Datenschutzes.
Anlässlich des von der Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgelegten Aktionsplans zum Insektenschutz, traf ich mich mit dem Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Florian Schöne. In den letzten 27 Jahren hat die Insektenbiomasse in Deutschland um alarmierende 75% abgenommen. Die Ursachen des Rückgangs sind vielfältig und komplex. Doch als eine der zentralen Ursachen gilt die übermäßige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und anderen Pestiziden. Im Februar bestätigte die veröffentlichte Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nochmals die große Gefahr für Bienen, die von Neonikotinoiden (einer Gruppe von hochwirksamen Insektiziden) ausgeht. Im Zuge dessen hat die Europäische Kommission nun endlich ein Verbot einer Reihe von Neonikotinoiden für die Freilandnutzung beschlossen. Doch diese Maßnahme allein reicht nicht aus, um den Herausforderungen im Bereich des Umweltschutzes zu begegnen. Es gilt nun, den „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ (NAP) konsequenter umzusetzen und konkrete Zielvorgaben zu entwickeln. Auch die schon überholte „Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz“ muss weiterentwickelt werden. In diesem Zusammenhang muss auch der Fokus in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Landwirte stärker auf moderne Techniken sowie eine pflanzen- und umweltschonendere Bearbeitung der Böden gelegt werden, um Totalherbizide wie beispielsweise Glyphosat oder den Einsatz von Neonikotinoiden künftig noch stärker einschränken zu können. Zudem sollte die Bedeutung der Forschung zu effektiven und umweltschonenderen Pflanzenschutzmitteln mit mehr Finanzmitteln ausgestattet werden.

Den Donnerstag nutzte ich größtenteils, um meine Plenarrede zum Tabakaußenwerbeverbot, die ich gegen schlussendlich gegen Mitternacht vorgetragen habe, vorzubereiten. Mit der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie im Jahr 2016 haben wir den gesundheitlichen Verbraucherschutz auf europäischer Ebene harmonisiert und den Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die gesundheitsbezogenen kombinierten Text-Bild-Warnhinweise auf den Verpackungen die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens vor Augen geführt. Der ursprüngliche Gesetzentwurf beinhaltete jedoch noch weitgehendere Maßnahmen und zwar ein Verbot der Außen- sowie Kinowerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter – eine Erweiterung der verbotenen Zusatzstoffe sowie die Ausweitung der Regelungen zu nikotinhaltigen E-Zigaretten auf nikotinfreie E-Zigaretten. Dies alles wurde jedoch erfolgreich vom Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Volker Kauder dank der fleißigen Arbeit der Tabaklobby verhindert. Und so wurde die ursprüngliche Fassung des Landwirtschaftsministeriums unter den Tisch fallen gelassen. Ich persönlich habe kein Verständnis dafür, dass eine Debatte zur Beschränkung der Tabakwerbung abgewürgt wird, bevor sie überhaupt geführt werden kann. Das widerspricht meinem Verständnis von Demokratie, noch dazu wenn es um die Gesundheit und Aufklärung aller geht.
Am Freitagnachmittag folgt nun meine zweite Plenarrede, in der ich mit Nachdruck deutlich machen möchte, wieso es notwendig ist, sich von dem System der Gießkannenförderung über die Fläche zu verabschieden. Steuergelder müssen ergebnisorientiert und an klare Bedingungen geknüpft eingesetzt werden. Öffentliches Geld muss für öffentliche Leistung, das heißt für ein Mehr an Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutz und ländliche Entwicklung eingesetzt werden. Denn die Zukunft der Landwirtschaft hängt vom technischen Fortschritt und nicht von flächengebundenen Direktzahlungen ab! Wer sich auch diese Rede in voller Länge noch einmal anschauen möchte, kann dies hier tun:
https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/S/spiering_rainer/523774
Die Rede wird auch später auf meiner Internetseite unter https://www.rainer-spiering.de/reden verfügbar sein.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende!
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB