Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
die zweite Sitzungswoche in Folge begann für die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses mit einem spannenden Besuch des Bundesinstituts für Risikobewertung (kurz: BfR). Das BfR ist eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, die die gesundheitlichen Risiken in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Produktsicherheit, Kontaminanten in der Nahrungskette, des Tierschutzes und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes für Verbraucherinnen und Verbraucher bewertet.
Aufgrund des Ausfluges fand unsere übliche AG-Sitzung am Montag nicht statt.
Am Dienstag traf ich mich mit Vertretern der Landwirtschaftskammer Niedersachsens und Wissenschaftlern des Thünen-Instituts zu einer Gesprächsrunde zur Düngerechtsänderung. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in den Sachstand aus bundespolitischer Sicht sprachen wir über die Lage in Niedersachsen und diskutierten Vorschläge und mögliche Alternativen im Bereich Düngung und Wasserschutz. In dem Gespräch wurde deutlich, dass das deutsche Düngerecht endlich transparenter werden muss. Das fängt damit an, dass mit der anstehenden Reform des Düngerechts alle betroffenen Behörden – von den Dünge- oder Wasser-, aber auch Kataster- oder Baubehörden, über Bundesländergrenzen hinweg – automatisch und digital ihre Daten miteinander abgleichen soll-ten. Dies ist in Deutschland bisher nicht der Fall. Es kann nicht länger sein, dass alle Behörden fleißig nach Brüssel alle relevanten Daten übermitteln, aber bei uns die linke Hand nicht weiß, was die rechte Hand tut. Erst wenn alle Daten bei allen verfügbar sind, kann genau bestimmt werden, wie man die Nitratbelastung vor Ort reduzieren kann. Letztendlich hilft dies auch der Glaubwürdigkeit gegenüber der EU-Kommission und würde die Wertschätzung für rechtschaffende Landwirte wieder wachsen lassen. Das Problem ist, dass Deutschland die Zeit wegläuft und wir die EU-Kommission nicht weiter hinhalten sollten. Seit Jahren verstößt Deutschland gegen EU-Recht, seit dem Urteil im Juni 2018 hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium zwei Jahre Zeit, um das Düngerecht nachzujustieren. Doch erst Ende Januar 2019, also sieben Monate später, wurde ein erster Entwurf zur EU-Kommission geschickt. Dass nun der Zeitdruck so groß ist, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zu verantworten. Ich appelliere an den Bund und die Länder, stärker auf die Wissenschaft als auf den Bauernverband zu hören. Das Wissen und die Informationen sind vorhanden. Nur oftmals werden sie nicht angewandt beziehungsweise Verbandsinteressen geopfert. Dies muss sich endlich ändern.

In der Fraktionssitzung sprachen wir unter anderem über ein sozialdemokratisches Projekt, das diese Woche auf der politischen Agenda steht und beschlossen wird. Und zwar die Reform des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG).
Das damals von uns eingeführte BAföG ist und bleibt die Ausbildungs- und Studienfinanzierung, die wesentlich zur Chancengleichheit im Bildungssystem beiträgt. Denn die Frage, ob oder was jemand studiert, darf nie vom Einkommen der Eltern abhängen. Immer wieder haben wir dafür gesorgt, dass die Leistungen angepasst werden, damit möglichst viele bedürftige Studierende unterstützt werden können. Auch in dieser Legislatur haben wir eine Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes durchgesetzt, um der sinkenden Zahl der Schülerinnen, Schüler und Studierenden, die ein Anrecht auf eine Förderung durch BAföG haben, entgegenzuwirken und steigende Lebenshaltungskosten auszugleichen. Darüber hinaus fordern wir Bundesministerin Karliczek (CDU) dazu auf, Vorschläge zur Vereinfachung des Antragsverfahrens, der Verbesserung der online Antragstellung und der Informationsvermittlung zum BAföG sowie dem Ausbau von studentischem Wohnraum vorzulegen.
Im Landwirtschaftsausschuss haben wir am Mittwoch beschlossen, eine öffentliche Anhörung zur Ernährungspolitik durchzuführen. Zudem sprachen wir darüber, wie wir die nachhaltigen Entwicklungsziele erreichen können und die Potenziale aus der Agrarökologie besser nutzen und unterstützen können. Dazu haben wir zusammen mit unserem Koalitionspartner einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, das Engagement zur Agrarökologie fortzusetzen und in der Entwicklungszusammenarbeit und der Förderung der ländlichen Räume weiter auszubauen.
Anlässlich des 70. Jahrestages unseres Grundgesetzes am 23. Mai würdigte der Bundestag am Donnerstag die Verfassung mit einer zweistündigen Debatte im Plenum. Am 23. Mai 1949 bekam die Bundesrepublik Deutschland eine Verfassung, auf deren Grundlage nach den furchtbaren Verbrechen des Nationalsozialismus eine freiheitliche, demokratische und soziale Demokratie aufgebaut werden konnte. Damit war und bleibt das Grundgesetz ein demokratischer Aufbruch nach einer menschenverachtenden Diktatur und ist eine zentrale Errungenschaft der Bundesrepublik Deutschland. Dies sieht auch die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger so, wie eine aktuelle Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt. Doch leider müssen wir feststellen, dass die Grundlage der Demokratie und für unser freies Zusammenleben zunehmend angegriffen wird und die in Art. 1 (1) geschützte Würde des Menschen durch nationalistische und rassistische Kräfte wieder angetastet wird. Eine Entwicklung, die mich zunehmend besorgt. Genau deswegen muss es Bürgerinnen und Bürger geben, die sich gegen solch menschenverachtendes Gedankengut wehren und die Demokratie und die ihr zugrundeliegende Verfassung verteidigen.
In der Nacht von Donnerstag zu heute hielt ich dann meine Plenarrede zur Digitalisierung in der Landwirtschaft. Zusammen mit unserem Koalitionspartner haben wir in den letzten Monaten einen Antrag geschrieben, in dem wir die Digitalisierung in der Agrarwirtschaft voranbringen wollen. Ich bin davon überzeugt, dass die Bewirtschaftung unserer Felder, Wiesen, Äcker und die Haltung unserer Zuchttiere wissenschaftsbasiert erfolgen sollte.
Wenn wir eine erfolgreiche, zukunftsorientierte und vor allem umweltverträgliche Landwirtschaft betreiben wollen – und das ist unser Ziel – dann sollten wir unser Wissen auch mit Hilfe von Algorithmen ausweiten. Das Wissen kann sortiert, gefiltert, in Sachzusammenhänge gepackt und so neue Wege aufzeigen. Wir benötigen klare wissenschaftliche Erkenntnisse über die Folgen unseres Handelns und über die immer größer angelegten Monokulturen. Die Fakten müssen analysiert, ausgewertet und dann vorurteilsfrei darüber entschieden werden. Dazu ist es entscheidend, dass die Daten-Infrastruktur allen Landwirtinnen und Landwirten zur Verfügung steht. Der Ausbau der Breitbandversorgung und des schnellen mobilen Internets bis hin zu 5G ist die hardwareseitige Voraussetzung für Landwirtschaft 4.0. Für eine nachhaltige Präzisionslandwirtschaft ist weiterhin entscheidend, wer Zugriff auf die Daten hat und dadurch Einfluss auf Entscheidungen nehmen kann. Deshalb müssen Datenmanagementsysteme offen und standardisierte Datenformate unabhängig von globalen Großunternehmen sein. „Daten für alle“ gilt auch im Agrarsektor.

Nachdem ich am heute noch die letzten Debatten im Plenum verfolgte, ging es für mich zurück in die Heimat, wo ich abends an der Jahreshauptversammlung der SPD Bissendorf teilnehmen werde. Wir werden den Abend nutzen, um uns über die bevorstehende Europa- und Landratswahl zu unterhalten. Zudem werden wir unsere Delegierten für den Kreisparteitag im September wählen.
Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames und sonniges Wochenende!
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB