Wochenbericht für die 19. Kalenderwoche 2016

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

wie jedes Jahr nehme ich gerne an dem Programm „Know-how-transfer“ der Wirtschaftsjunioren teil. Das Programm bietet jungen Unternehmerinnen und Unternehmern aus ganz Deutschland für eine Woche einen Blick hinter die Kulissen des Deutschen Bundestages und der Arbeit eines Abgeordneten. Dieses Jahr begleitet mich Marc-André Lasarz, Immobilienmakler aus Osnabrück.

Nach einem schönen, verlängerten Himmelfahrtswochenende begann meine Sitzungswoche Montag wie üblich mit der AG Landwirtschaft. Auf der Tagesordnung stand die vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA), welches heute im Plenum debattiert wird.
Am Abend traf sich die Landesgruppe Niedersachen zur Gesprächsreihe „Ross trifft Bär“, bei der wir über die Zukunft des Fahrens, insbesondere die Chancen des autonomen Fahrens sprachen. In Niedersachsen wird seit Jahren intensiv an den Technologien für das führerlose Auto geforscht. Zu Gast waren unter anderem unser Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Staatssekretär Michael Rüter (SPD). Sie unterrichteten uns über den Stand der Forschung dieser spannenden Technologie und die konkreten Pläne eines Testfeldes Niedersachsen für die Erprobung im öffentlichen Raum.

Dienstagvormittag tagte die AG Bildung. Am Nachmittag ging es in die Fraktion, zu der mich unser Wirtschaftsjunior begleitete. Dort erfuhr ich dann, dass ich in der CETA-Debatte heute reden durfte.

Im Landwirtschaftsausschuss standen am Mittwoch zwei Themen im Vordergrund: Zum einen befragten wir die Regierung zu den „geleakten“ Verhandlungspapieren der USA zum Freihandelsabkommen TTIP.
Das zweite große Thema bildete die aktuelle Situation des Milchmarktes und die deutlich zu geringen Milchpreise. Hierzu hatten wir den Präsidenten des Bundeskartellamts, Herrn Andreas Mundt, eingeladen. Gemeinsam haben wir über verschiedene Möglichkeiten diskutiert, den Milchpreis auf ein auskömmliches Niveau zu stabilisieren. Er empfiehlt eine Flexibilisierung der Vertragslaufzeit und Kündigungszeit zwischen den Landwirten und den Molkereien sowie die Abschaffung der derzeitig einseitigen Risikoverlagerung zu Lasten der Bauern. Diese würde zu einer besseren Balance zwischen Angebot und Nachfrage führen. Derzeit sind Angebot und Nachfrage deutlich aus der Balance geraten. In der Vielzahl der regional sehr unterschiedlichen Märkte kam es nach dem Ende der Milchquote zur deutlichen Überproduktion und das Risiko wurde komplett einseitig auf die Landwirte abgewälzt.

Auf der Konferenz „Übergänge im Bildungssystem fair und flexibel gestalten“
Auf der Konferenz „Übergänge im Bildungssystem fair und flexibel gestalten“

Anschließend fuhr ich zur Friedrich-Ebert-Stiftung zur Konferenz „Übergänge im Bildungssystem fair und flexibel gestalten“. Hier wurden drei Studien vorgestellt, die sich mit dem sogenannten Übergangssystem beschäftigen. Wir fordern seit langem, dass die vielfältigen Förderangebote auf Bundes- und Landesebene besser aufeinander abgestimmt werden müssen, bestehende Angebote auf ihre Effizienz hin untersucht und das Spektrum der Angebote auf wenige effektive Maßnahmen beschränkt werden sollten. Die Studien haben an Best-Practice-Beispielen dargelegt, wie das Übergangssystem strukturiert werden kann. Meine Ausführungen, dass Berufsschulen ein wesentliches Element des Übergangsmanagements sind und gestärkt werden müssen, stieß bei den anwesenden Fachleuten auf breite Zustimmung.

Zurück im Bundestag verfolgte ich im Plenum die aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zum Freihandelsabkommen TTIP.

Nachdem ich im Büro noch ein wenig Zeit fand für Schreibtischarbeit, folgte auch schon der nächste Termin. Mein Kollege Dirk Wiese (SPD) lud zu einem Gespräch ein, um den juristischen und politischen Sachstand zum CETA-Abkommen zu diskutieren. Gemeinsam mit Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums und Vertretern des DGB arbeiteten wir uns durch die entsprechenden Passagen des Vertragstextes. Das Gespräch war für mich eine gute Vorbereitung für meine heutige Rede.

Vertreter des DGB im Gespräch über das Freihandelsabkommen CETA
Vertreter des DGB im Gespräch über das Freihandelsabkommen CETA
Diskussion mit den Studenten
Diskussion mit den Studenten

Nach zwei namentlichen Abstimmungen im Plenum traf ich mich mit Dr. Bianca Lind, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR). Unser Thema war die aktuelle Forschung in der Schweine- und Rinderzucht.

Den terminreichen Tag rundete eine rege Diskussion mit VWL-Studenten der Hochschule Osnabrück ab. Es war wenig überraschend, dass besonders wirtschaftspolitische Themen im Fokus standen. So wurden TTIP, der Abgasskandal von VW und auch die Situation der Milchbauern angesprochen. Für mich sind Gespräche mit Besuchergruppen immer eine angenehme Abwechslung im Arbeitsalltag. Und als langjähriger Berufsschullehrer freut es mich natürlich umso mehr, im Kontakt mit jungen Menschen zu bleiben.

Heute führte ich mit meinem Wirtschaftsjunior Marc-André ein Abschlussgespräch über seine gesammelten Eindrücke in dieser Woche; leider wurde das Gespräch durch eine namentliche Abstimmung frühzeitig unterbrochen.

Im Gespräch mit Wirtschaftsjunior Marc-André Lasarz
Im Gespräch mit Wirtschaftsjunior Marc-André Lasarz

Nach der Abstimmung folgte dann auch schon die Plenumsdebatte zum CETA-Abkommen. Neben vielen Aspekten, die es noch zu klären gilt, sollten wir nicht die Chancen übersehen, die das Freihandelsabkommen bietet. Ziel des Abkommens muss eine vertiefte Partnerschaft sein, die mehr als freien Handel beinhalten muss. Es muss darum gehen, soziale und ökologische Standards zu stärken. Daher habe ich in meiner Rede den Schwerpunkt auf die Auswirkungen im Landwirtssektor gelegt. Alle importierten Güter der Agrar- und Ernährungswirtschaft müssen weiterhin die strengen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften der EU und/oder Kanada erfüllen. Aber dies gilt nur, wenn wir uns gemeinsam an den Tisch setzen und auf Basis der Fakten diskutieren. Dazu müssen wir auch Aufklärung betreiben, was Inhalt und Ziel des Abkommens sind. Mein Credo lautet: Nur wer mitredet, kann gestalten. Wir müssen gemeinsam das Misstrauen und die Schlupflöcher für einen potentiellen Missbrauch beseitigen. Ende September wird der Rat über den Vertragstext entscheiden und erst dann entscheidet die Kommission über eine eventuelle vorläufige Anwendung von CETA. Mit dem Abkommen werden Importquoten für Käse aus Europa steigen. Dies wird zu einem erhöhten Wettbewerbsdruck auf die kanadische Milchindustrie führen, der sie zwingt, ihre Produktionskosten zu senken. Die kanadischen Betriebe müssen somit in den nächsten Jahren ihre Produktionskette modernisieren. Das würde für deutsche Hersteller von Maschinen, Anlagen und Ausrüstungen der Milchverarbeitung gute Aussichten bedeuten. Ich bin davon überzeugt, dass die europäische Politik sich ebenso wie wir für ein gut verhandeltes Abkommen einsetzt.

Nach dieser ereignisreichen und spannenden Woche verabschiede ich mich ins Wochenende und wünsche allen ein erholsames und langes Pfingstwochenende!

Euer/Ihr Rainer Spiering