Wochenbericht für die 18. Kalenderwoche 2021

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

meine Woche begann am Montag mit der Sitzung der AG Landwirtschaft. Dort sprachen wir unter anderem über den Entwurf zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes, der in dieser Woche abschließend beraten wurde. Damit setzt die Bundesregierung nun die EU-Richtlinie vom April 2019 („unfair trading practices“, kurz: UTP-Richtlinie) um. Unfaire Preise, kurzfristige Stornierungen oder verzögerte Zahlungen – unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelindustrie sind vielfach Realität in Deutschland und gehen vor allem zu Lasten der regionalen Erzeuger und bäuerlichen Betriebe. Daher sieht die UTP-Richtlinie generelle Verbote von unfairen Handelspraktiken („Schwarze Liste“) sowie von solchen Praktiken vor, die nur erlaubt sind, wenn sie zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurden („Graue Liste“). Ein komplettes Verbot der „grauen Praktiken“ hatte die Union verweigert. Im parlamentarischen Verfahren konnten wir über die EU-Richtlinie hinaus vereinbaren, dass drei „graue Praktiken“ doch verboten werden: die Rückgabe nicht verkaufter Erzeugnisse an den Lieferanten ohne Zahlung des Kaufpreises, das Abwälzen von Lagerungskosten auf den Lieferanten sowie die sogenannte Listungsgebühr, mit der sich Händler*innen die Aufnahme der Erzeugnisse in ihr Sortiment bezahlen lassen. Ein Erfolg der SPD ist die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle, an die sich von unlauteren Handelspraktiken und unfairen Preisen betroffene Akteure anonym wenden können. Die Ombudsstelle wird regelmäßig einen Evaluationsbericht erstellen, auf dessen Grundlage die Verbotsliste erweitert werden kann.

In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir unter anderem über das zwei Milliarden schweres Aufholpaket für Kinder und Jugendliche. Anders als CDU/CSU haben wir die Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche immer im Blick behalten. Wir alle wissen, dass sie in dieser Zeit die besonders Leidtragenden sind. Geschlossene Kitas, Schulen und Sportstätten isolieren junge Menschen und bringen sie an ihre Belastungsgrenzen. Es fehlen die Kontakte zu den Freund*innen und natürlich der tägliche Unterricht im Klassenraum. Klassenfahrten, Exkursionen, Urlaube und Sport im Verein sind weggefallen und nicht mehr nachzuholen. Umso mehr müssen wir jetzt dafür tun, damit Lernrückstände aufgeholt werden und Angebote für Ferien, Freizeit und Sport gemacht werden können. Mit dem zwei Milliarden schweren Aufholpaket sorgen wir dafür. Die Pandemie hat zudem drastisch gezeigt, wie wichtig eine verlässliche Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur ist – nicht nur für Kinder und ihre Eltern, sondern auch für die Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, dass wir nun auch beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Schulkinder einen wichtigen Schritt nach vorn geschafft haben.

Im Landwirtschaftsausschuss am Mittwoch war diese Woche der neue Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE), Prof. Achim Spiller zu Gast. Er ist Professor für Agrar- und Lebensmittelmarketing an der Universität Göttingen und wirkt bereits seit sechs Jahren im WBAE mit. Er stellte uns die künftigen Arbeitsschwerpunkte des Beirates vor.

Am Abend nahm ich an einer digitalen Diskussionsveranstaltung zur zukunftsfesten Land- und Ernährungswirtschaft teil. Wir wissen, dass ein Weitermachen wie bisher in die Sackgasse führt. Wir müssen endlich zu einem Paradigmenwechsel kommen, weil wir sehen, dass das System des „Immer höher, immer weiter“ an seine Grenzen gekommen ist. Es überfordert Mensch, Tier und Umwelt. Als Sozialdemokratie haben wir viele durchdachte Konzepte für eine zukunftsfähige, umweltschonende und gesellschaftlich akzeptierte Land- und Ernährungswirtschaft entwickelt. Über diese Ideen und Konzepte haben wir gemeinsam mit den für diesen Bereich zuständigen Mitgliedern des Parteivorstandes diskutiert.

Am Donnerstag nahm ich an der digitalen Veranstaltung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks teil. Zu Gast war unser Arbeitsminister Hubertus Heil. Im Fokus der Veranstaltung stand der deutsche Sozialstaat. Die Herausforderungen für die soziale Sicherung sind vielfältig. Mit Demografie, neuer Arbeitswelt und wirtschaftlichem Strukturwandel waren die grundlegenden Herausforderungen für die soziale Sicherung schon vor der Corona-Krise offenkundig. Die Pandemie hat zugleich Stärken wie Schwächen offengelegt und führt zu erheblichen finanziellen Zusatzlasten. Es war eine spannende und lebhafte Diskussion. Klar ist: unser funktionierender Sozialstaat hat viele Beschäftigte vor finanziellen Einbußen in der Corona-Krise geschützt. Kurzarbeitergeld, Kinderbonus und andere soziale Leistungen haben dafür gesorgt, dass wir im internationalen Vergleich gut durch die Krise gekommen sind.

Am Donnerstagnachmittag verfolgte ich im Plenum die Debatte über die Aufhebung von nicht mehr gerechtfertigten Grundrechtseingriffen für Geimpfte. Da hinreichend belegt ist, dass vollständig geimpfte und an Covid-19 genese Menschen (sechs Monate nach ihrer Gesundung) andere höchstwahrscheinlich nicht mehr infizieren, können Grundrechtseinschränkungen für diese Personengruppen nicht mehr gelten – sie sind weder notwendig noch begründbar. Auf unseren maßgeblichen Druck hin hat die Bundesregierung an einer Rechtsverordnung gearbeitet, durch die vollständig Geimpfte und Genesene ihre Freiheitsrechte schnell wieder zurückbekommen. Deshalb hat die Bundesregierung die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung auf den Weg gebracht. Sie sieht unter anderem vor, dass für vollständig geimpfte und genesene Personen die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht mehr gelten. Außerdem entfällt für diese Bürger*innen das Vorzeigen eines negativen Testergebnisses – beispielsweise beim Betreten von Geschäften des Einzelhandels. Da jedoch auch bei einer Impfung oder einer durchstandenen Erkrankung ein Restrisiko der Übertragbarkeit bleibt, gelten für geimpfte und genesene Personen auch weiterhin die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und das Abstandsgebot.

In dieser Woche beschäftigte mich ein Thema besonders: unsere regionale Holzwirtschaft. Aktuell sorgt die hohe internationale Nachfrage für Holzknappheit auf dem inländischen Markt. Vor allem dem holzverarbeitenden Gewerbe fehlt das exportierte Holz und bereitet ihnen sowie Bauherrinnen und Bauherren von Einfamilienhäusern wirtschaftliche Schwierigkeiten. Denn der eingetretene Bauboom in den USA und Asien lässt die Holzpreise steigen und zwar auf Rekordhöhe. Deutschland hat circa 11,4 Millionen Hektar Wald, die USA hingegen 304 Millionen Hektar – das ist das 27-fache. Derzeit exportieren wir unseren Wald bis zur inländischen Holzknappheit. Dadurch vergeben wir in Deutschland die Chance, Holz zur CO2-Reduktion zu nutzen. Ein klimaneutrales Wirtschaftssystem werden wir so nicht erreichen; die neu deklarierten Klimaziele ebenfalls nicht. Wir müssen vielmehr daraufsetzen, regionale Holzmärkte zu fördern, damit Holz vor Ort Verwendung findet. Um unsere ambitionierten Klimaziele zu erreichen, brauchen wir viele konkrete Maßnahmen. Die Stabilisierung des Holzmarktes ist eine davon. Der nachwachsende Rohstoff Holz kann auf äußerst vielfältige Weise – als Dämm-Material, als Konstruktionswerkstoff im Brückenbau, für Dachstühle, Fenster, Türen und komplette Häuser, im Schiffbau und natürlich für die Möbelherstellung eingesetzt werden. Dies ermöglicht uns, Kohlenstoff durch den Holzbau langfristig zu binden. Wenn wir unser Holz in Deutschland nicht systematisch nutzen, werden klimaschädlichere Produkte verwendet. Deshalb müssen wir unser Holz verbauen, statt es zu exportieren. Außerdem geht es um mehr als 550.000 Arbeitsplätze vor allem im ländlichen Raum. Es wird Zeit, dass die Stütze der deutschen Wirtschaft – das Handwerk – endlich gestärkt wird. Wir setzen uns daher mit Nachdruck dafür ein, die regionale Holzwirtschaft nicht nur zu schützen, sondern auch zu stärken. Die EU-Kommission ist gefordert, umgehend Vorschläge zu entwickeln, wie der Rohstoffverknappung und Rohstoffspekulation und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden entgegengewirkt werden kann. Bundeswirtschaftsminister Altmaier muss hierauf mit allem Nachdruck in Brüssel dringen, anstatt sich weiter vor dem Thema wegzudrücken. Falls erforderlich, wäre als letztes Mittel auch ein Exportstopp in Drittstaaten zu prüfen. Eine EU-Verordnung vom März 2015 (EU-VO 2015/479) zeigt  hier einen denkbaren Weg. „Um einer durch einen Mangel an lebenswichtigen Gütern bedingten Krisenlage vorzubeugen oder entgegenzuwirken, kann die Kommission, auf Antrag eines Mitgliedstaats (…) die Ausfuhr eines Erzeugnisses von der Vorlage einer Ausfuhrgenehmigung abhängig machen (…).“

Nachdem ich heute Vormittag größtenteils im Plenum verbrachte, ging es für mich später zurück in die Heimat.

Ich wünsche Ihnen/Euch ein erholsames Wochenende. Bleiben Sie/bleibt gesund.

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB