Die Bund-Länder-Reform: Erfolg für die SPD
Bei dem heute vom Bundestag beschlossenen Reformpaket der Bund-Länder-Beziehungen hat sich die SPD mit ihren vier zentralen Kernforderungen durchgesetzt:
GLEICHWERTIGE LEBENSVERHÄLTNISSE SICHERN
Der Bund gibt den Ländern mehr Geld, damit sie nach dem Auslaufen des Solidarpaktes finanziell handlungsfähig bleiben und ihre Aufgaben erfüllen können. Wir wollen nicht, dass Deutschland in arme und reiche Regionen auseinander fällt. Deshalb übernimmt der Bund künftig eine stärkere Rolle beim Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder. Die Länder erhalten vom Bund dafür ab 2020 jährlich gut 10 Milliarden Euro. Im Gegenzug erhält der Bund aber auch mehr Kontrollrechte, z.B. um einen einheitlicheren und damit gerechteren Steuervollzug sichern zu können.
MEHR INVESTITIONEN IN BILDUNG UND SCHULEN
Der Bund kann endlich auch in gute und moderne Schulen investieren. Bislang ist ihm eine solche Kooperation mit den für den Bildungsbereich zuständigen Ländern untersagt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat mit Erfolg dafür gekämpft, dass dieses Verbot im Grundgesetz nun aufgebrochen wird. In einem ersten Schritt stellt der Bund insgesamt 3,5 Milliarden Euro für die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung. Damit helfen wir, den massiven Sanierungsstau an deutschen Schulen abzubauen. Wir wollen nicht, dass der Bildungserfolg von Kinder von der Finanzkraft ihrer Heimatgemeinde abhängt.
ALLEINERZIEHENDE UND KINDER BESSER UNTERSTÜTZEN
Wir haben durchgesetzt, dass der Unterhaltsvorschuss ausgeweitet wird. Damit hilft der Staat berufstätigen Alleinerziehenden, ihre Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser zu stemmen, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Wie von uns gefordert, wird die Altersgrenze von jetzt 12 Jahren auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung der Bezugsdauer von maximal sechs Jahren abgeschafft.
PRIVATISIERUNG VON AUTOBAHNEN VERHINDERT
Mit der Reform wird die Bundesauftragsverwaltung der Länder bei den Bundesautobahnen und einigen Bundesstraßen beendet. Künftig soll eine Infrastrukturgesellschaft des Bundes diese Aufgabe übernehmen, damit schneller und effizienter geplant und gebaut werden kann. Die SPD hat mit Erfolg dafür gekämpft, dass dabei sämtliche Hintertüren für eine Privatisierung verschlossen sind: Im Grundgesetz ist nun festgeschrieben, dass der Bund 100prozentiger Eigentümer bleibt – sowohl von den Bundesfernstraßen selbst als von der Infrastrukturgesellschaft. Eine Beteiligung privater Investoren – unmittelbar oder mittelbar – an der Infrastrukturgesellschaft ist ebenfalls im Grundgesetz ausgeschlossen. Für Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) gibt es nun eine klare grundgesetzliche Grenze, die es bislang nicht gab. Sie werden künftig nur auf nicht miteinander verbundenen Teilstrecken von maximal 100 Kilometern möglich sein.
FRAGEN UND ARGUMENTE
Frage: Die Infrastrukturgesellschaft wird als GmbH gegründet. Ist das nicht Privatisierung durch die Hintertür?
Nein. Der Staat kann sich auf vielerlei Weise organisieren. Meist tut er dies in Form von Behörden, die aber für bestimmte Aufgaben zu bürokratisch und ineffizient sind. Deshalb werden seit jeher einige staatliche Aufgaben in privatrechtlichen Organisationsformen wie der GmbH organisiert, die gleichwohl weiterhin 100% im Bundeseigentum sind und auch staatlich gesteuert werden.
So wickelt der Bund zum Beispiel seine staatliche Entwicklungshilfe über eine bundeseigene GmbH, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). ab, die – ebenso wie die künftige Infrastrukturgesellschaft – nicht gewinnorientiert arbeitet. Ein anderes Beispiel sind die Stadtwerke, mit denen viele Städte kommunale Aufgaben wie Stromerzeugung oder den öffentlichen Nahverkehr in Eigenregie erfüllen.
Frage: Bleibt über ÖPP das Risiko der Privatisierung bestehen?
Nein. Eine öffentlich-private Partnerschaft ist nicht das gleiche wie Privatisierung. Vielmehr vergibt der Staat, der weiterhin Eigentümer bleibt, für eine begrenzte Zeit eine Aufgabe an ein staatliches Unternehmen. Das war beim Bau und der Unterhaltung von Bundesfernstraßen auch in der Vergangenheit schon häufig der Fall. Wir haben in den vergangenen vier Jahren allerdings gemeinsam mit dem Bundesrechnungshof (BRH) dafür gesorgt, dass dies nur noch geschieht, wenn sehr strenge Kriterien erfüllt sind. So muss ÖPP nicht nur schneller und effizienter, sondern auch deutlich kostengünstiger sein, als wenn der Staat alleine baut.
Durch die neue Infrastrukturgesellschaft dürfte ÖPP noch seltener zum Zuge kommen. Denn ÖPP ist ja nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher ist als die öffentliche Hand allein – was bei einer effizient arbeitenden neuen Gesellschaft seltener der Fall sein wird als bisher. Außerdem: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt. Durch die von uns durchgesetzte Grundgesetz-Änderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekte an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden.
Frage: Müssten nicht weitere Regelungen ins Grundgesetz aufgenommen werden, um Privatisierung dauerhaft zu verhindern?
Nein. Im Grundgesetz ist nun fest verankert, dass die Autobahnen und die Infrastrukturgesellschaft unveräußerliches Eigentum des Bundes bleiben und die Gesellschaft auch nicht in Teilen oder in ihren Untergesellschaften privatisiert werden darf. Die Ausgestaltung im Detail wird über Bundesgesetze geregelt, die der Bundestag mit einfacher Mehrheit beschließt.
Wer jedes Detail im Grundgesetz regeln will, hebelt einen Grundpfeiler unserer Demokratie aus. Was nämlich im Grundgesetz festgeschrieben ist, kann nur noch mit einer 2/3-Mehrheit durch Bundestag und Bundesrat verändert werden. Die Große Koalition würde ihre gegenwärtige Zweidrittelmehrheit nutzen, um Detailregelungen einer späteren Veränderung durch demokratisch gewählte parlamentarische Mehrheiten zu entziehen.
Frage: Hat die Gründung der Infrastrukturgesellschaft Nachteile für die bisher bei den Landesbaugesellschaften beschäftigten Mitarbeiter?
Die Interessen der Beschäftigten werden beim Personalübergang gewahrt. Dafür hat die SPD mit Erfolg gekämpft. Alle wechselbereiten Beschäftigten werden vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt, wo sie bisher arbeiten. Die Infrastrukturgesellschaft ist zudem verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigten abzuschließen.