Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
langsam geht es in den Endspurt für dieses Jahr und das zeichnet sich auch im Terminkalender ab.
Meine Woche begann in Osnabrück mit der Sitzung der Kreistagsfraktion, bei der mein Kollege Thomas Rehme mit breiter Mehrheit zum neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Schweren Herzens, aber aus tiefer innerer Überzeugung, hatte ich Mitte November den Fraktionsvorsitz niedergelegt. Nach 15 Jahren in diesem Amt war das keine leichtfertige Entscheidung, sondern wohlüberlegt. Die Gründe für die Entscheidung liegen in meiner stetig wachsenden Beanspruchung durch mein Bundestagsmandat. Daher sah ich für mich nicht mehr die Möglichkeit, den Fraktionsvorsitz mit dem Maß an Aufmerksamkeit und Hingabe auszufüllen, den diese wichtige Aufgabe verdient.
Nach dieser aufregenden Kreistagssitzung fuhr ich am nächsten Morgen nach Berlin. Dort startete der Tag mit der AG Bildung. Es wurde besprochen, dass ich an diesem Freitag zum Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation eine Rede halten soll. Mitten in unsere Sitzung platze dann die Nachricht, dass Freitag im Plenum über den Syrien-Einsatz abgestimmt werden soll. Also werde ich meine Rede wohl in der nächsten Sitzungswoche halten – so schnell kann sich das ändern.
Ohne Pause ging es weiter zur Fraktionssitzung. Hauptthema war natürlich der geplante militärische Einsatz der Bundeswehr in Syrien. Wir führten eine sehr intensive und lange Debatte über den militärischen Kampf gegen die Terrororganisation ISIS.
Mittwoch stand ganz im Zeichen der Bildungspolitik. Der Bildungsausschuss hat am Mittwochvormittag zum Fachgespräch Industrie 4.0 eingeladen. Die anwesenden Sachverständigen haben aus ihrer Sicht die jeweiligen Chancen und Risiken dieser Entwicklung aufgezeigt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben sich mit dem Thema noch nicht eingehend befasst. Hier kann die Berufsschule als Partner der Betriebe fungieren und bei der Weiterbildung der Mitarbeiter unterstützen. Dafür bedarf es aber einer guten technischen Ausstattung der Berufsschulen und einer fundierten Ausbildung der zukünftigen Berufsschullehrer.
Im Anschluss tagte der Bildungsausschuss, in dem wir über die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes diskutierten. Zu oft wurde es von Arbeitgebern missbräuchlich verwendet. Mit der Gesetzesänderung werden wir dem nun endlich ein Ende bereiten und die unsachgemäße Kurzbefristung unterbinden.
Den Nachmittag verbrachte ich bei einem Kongress der AG Bürgerschaftliches Engagement. Mit rund 70 Teilnehmern aus ganz Deutschland haben wir an Thementischen darüber diskutiert, was Politik tun kann, um die Lust aufs Mitmachen zu wecken bzw. was es für Rahmenbedingungen braucht, damit etwas Gutes dabei herauskommt. Zunächst einmal war allen wichtig zu betonen, dass Ehrenamt seinem eigenen Zweck dient. Die bei dieser freiwilligen Arbeit erworbenen Kompetenzen können eventuell auch in anderen Lebensbereichen hilfreich sein, das steckt aber nicht hinter der Intention der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer. Gefordert wurde eine nachhaltige/langfristige Förderung von Projekten; ein Beauftragter/Staatsminister für Bürgerschaftliches Engagement und ein ordentlicher Ausschuss im Bundestag.

Am nächsten Morgen verfolgte ich im Plenum die Debatte zum Tierschutzbericht 2015.
Nachmittags folgte ein sehr interessantes Gespräch mit der EU-Kommissarin Cecilia Malmström zum Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und dem Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP).
Als Berichterstatter für TTIP und CETA in der AG Landwirtschaft habe ich die Themen Einsatz von Pflanzenschutzmittel, genveränderte Organismen, den Einsatz von Hormonen bei der Tieraufzucht und das Vorsorgeprinzip angesprochen. Darüber hinaus sind sichere Datenräume bei dem IT-Einsatz in der Landmaschinentechnik eine notwendige Voraussetzung für unsere Produzenten. Hier muss die EU handeln. Ein weiterer Schwerpunkt war für mich der Antibiotikaeinsatz in der Tiermast. Frau Malmström hat mein Sorgen an dieser Stelle absolut geteilt. Hier brauchen wir europaweit klare Regelungen.
Im anschließenden Gespräch mit unserem EU-Abgeordneten Bernd Lange wurde klar, dass TTIP noch lange nicht endverhandelt ist. Frau Malmström äußerte sich diesbezüglich folgendermaßen: „Es ist besser ein gutes Abkommen zu machen, als ein schnelles Abkommen“.
Ein Erfolg ist jedoch zu vermelden: Alle EU-Parlamentarier haben ab Montag Zugang zu den Verhandlungsdokumenten. Ich persönlich gehe davon aus, dass sich Bundestagspräsident Lammert im Gespräch mit der Kommissarin auch für unsere Interessen einsetzt.
Am Abend haben wir ein Abschiedsessen für den Kollegen Willy Brase gegeben, der leider aus dem Bildungsausschuss ausgetreten ist. Da Willi und ich uns bisher die Berichterstattung für berufliche Bildung geteilt haben, bedeutet sein Ausscheiden für mich, dass ich jetzt der alleinige Ansprechpartner der SPD-Bundestagsfraktion für den Bereich berufliche Bildung bin.
Der Freitag stand ganz im Zeichen des Bundeswehreinsatzes in Syrien. Auf Bitte des französischen Präsidenten um militärischen Beistand, beabsichtigt die Bundesregierung Frankreich im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) militärisch zu unterstützen. Dem entsprechenden Antrag muss, wie üblich bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr, vom Bundestag zugestimmt werden. Dazu fand am Vormittag eine sehr lebendige und angeregte Diskussion statt, die ich aufmerksam verfolgte. Das Mandat soll zunächst auf ein Jahr befristet werden und sieht den Einsatz von 1200 Soldaten, Aufklärungs-Tornados, Tankflugzeugen und einer Fregatte vor. Die Entscheidung für einen militärischen Einsatz der Bundeswehr ist nie einfach und bedarf einer genauen Abwägung.
Als ich vor zwei Jahren in den Bundestag eingezogen bin, habe ich nicht damit gerechnet, an einer derartigen Entscheidung beteiligt zu werden. Bei realistischer Betrachtung der Gesamtlage hätte ich gleichwohl damit rechnen müssen. Ich habe mit großen Bauchschmerzen für den Syrieneinsatz gestimmt. Ausschlaggebend war die Fraktionssitzung am Dienstag, in der Frank-Walter Steinmeier die Notwendigkeit dieses Einsatzes begründete. Ein nachfolgendes Gespräch mit unserem außenpolitischen Sprecher Rolf Mützenich hat mich dann darin bestätigt, dem Mandat zuzustimmen. Beide sind ausgewiesene Fachleute und haben hohe moralische Integrität. Diese schwierige Entscheidung treffen wir mit der Einsicht, dass ein militärischer Kampf gegen den IS allein keine Lösung ist. Unser diplomatisches Engagement für eine Lösung der Syrienkrise bleibt von zentraler Bedeutung. Wir müssen unseren Außenminister noch intensiver dabei unterstützen, politische Lösungen zu entwickeln; er macht das übrigens, wie ich finde, bewundernswert.
Wir werden unser finanzielles Engagement in der Entwicklungshilfe massiv ausweiten müssen. Darüber hinaus müssen wir in Europa auch im Jugend- und Sozialbereich mehr Anstrengungen unternehmen, um „entwurzelte“ junge Menschen davon abzuhalten, sich und unschuldige Andere durch Selbstmord zu töten.
Es ist mir nicht möglich, alles was mich bewegt, hier zum Ausdruck zu bringen. Es ist so oder so eine schwierige Entscheidung und ob sie richtig oder falsch ist, entscheidet sich immer erst in der Zukunft.
Nach der Syrien-Abstimmung bin ich dann zu einer Besuchergruppe aus meinem Wahlkreis gegangen. Sie hatten das Glück, einen Teil der Debatte live verfolgen zu können. Natürlich habe ich auch mit ihnen über den Einsatz der Bundeswehr und die außenpolitische Gesamtlage diskutiert.

Danach ging es schnell zum Hauptbahnhof und Richtung Heimat.
Am Samstag reise ich dann nach Oldenburg zur Vorstandssitzung des SPD-Bezirks Weser-Ems.
Ich wünsche allen ein schönes Wochenende!
Ihr/Eurer Rainer Spiering