Wochenbericht für die 48. Kalenderwoche 2018

Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,

in der AG Landwirtschaft haben wir zu Beginn dieser Sitzungswoche unter anderem über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zur Hofabgabeklausel gesprochen. Seit der Einführung der Hofabgabeklausel 1957 hatten Landwirtinnen und Landwirte erst nach der Abgabe ihres landwirtschaftlichen Betriebs einen Anspruch auf eine Altersrente. Diese Regelung wurde nun vom Bundesverfassungsgericht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und damit für unanwendbar erklärt. Das sind gute Nachrichten für all unsere Landwirtinnen und Landwirte. Denn leider trug die Regelung wenig zu dem durchaus wünschenswerten agrarpolitischen Ziel, nämlich der Förderung der frühzeitigen Hofübergabe an junge Landwirte, bei. Für uns war und ist die Abschaffung der Hofabgabeklause eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Sie konnte nun nach langjährigem Bemühen seitens der SPD-Bundestagsfraktion beantwortet werden. Ein toller Erfolg, für den ich an dieser Stelle meiner Kollegin Ursula Schulte danken möchte, die sich mit unermüdlichem Einsatz für einen gerechten Zugang zur Altersrente für Landwirtinnen und Landwirte eingesetzt hat.
Am Abend traf sich die Landesgruppe Niedersachsen mit dem Vorstand der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen. Wir sprachen unter anderem über die Stärkung der ländlichen Räume sowie über die Einbindung des Handwerks in die Strukturfondsförderungen (wie beispielsweise dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums; dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds).

Am Dienstag stellte ich der AG Umwelt unseren Entwurf eines Positionspapiers zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der europäischen Union vor. Ich sehe die aktuellen Entwicklungen in Brüssel mit Sorge. Im Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hat die Berichterstatterin  Herranz García, Mitglied der konservativen EVP-Fraktion, letzte Woche ihren Entwurf für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgestellt. Nach diesem Vorschlag werden die Gelder zu einem übergroßen Anteil und weitgehend bedingungslos an den Flächenbesitz geknüpft. Die Anforderungen an Umwelt- und Klimamaßnahmen für landwirtschaftliche Betriebe will der Bericht sogar noch weiter abschwächen. Damit bliebe erneut die Chance ungenutzt, durch eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik aktuellen Herausforderungen in Sachen Umwelt-, Klima- und Tierschutz gerecht zu werden. In unserer Positionierung setzen wir uns für eine deutlich verstärkte Förderung von Natur-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz in der Landwirtschaft sowie für eine Stärkung der ländlichen Räume ein.  
In der Fraktionssitzung am Nachmittag sprachen wir unter anderem über die Einrichtung des Investitionsfonds „Digitale Infrastruktur“, welchen wir in dieser Woche beschließen werden. Ziel des Fonds ist es, den flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen auf Glasfaserbasis zu unterstützen. Insbesondere in den ländlichen Regionen besteht bei dem privatwirtschaftlichen Ausbau der Netze öffentlicher Förderbedarf. Auch für den „Digitalpakt Schule“ stehen aus dem Fonds 5 Mrd. Euro, davon 3,5 Mrd. Euro bis 2021, zur Verfügung. Mithilfe des Fonds sollen in den nächsten Jahren 32.000 Schulen, 7.000 Gewerbegebiete und über 1.700 Krankenhäuser an das Glasfasernetz angeschlossen werden. Damit der eingerichtete Fonds für die nötigen Investitionen auch genutzt werden kann, wurde am Donnerstag im Plenum abschließend über die notwendige Grundgesetzänderung debattiert und abgestimmt. Den Tag rundete die 24. Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft ab.

Am Mittwochvormittag führte ich ein Telefoninterview mit einer Hörfunkjournalistin des Senders Radio Westfalika zum PCB-Skandal. Seit 2012 ist bekannt, dass gesundheitsschädliches polychloriertes Biphenylen (PCB) erst in Futter- und sehr wahrscheinlich auch in Lebensmittel gelangt ist. Teilweise wurde der Grenzwert um 300 % überschritten. Grund hierfür ist, dass abblätternde Farbe aus den Silos des Agravis-Mischfutterwerks in Minden ins Futter gelangt ist. Allein in Nordrhein-Westfalen haben die Behörden nach dem Fund nun 41 Eier- und Hühnermastbetriebe gesperrt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) unter der Aufsicht erst eines grünen, dann eines schwarzen Agrarressorts, hat seit sechs Jahren Verstöße dokumentiert. Geschehen ist leider nichts. Meines Erachtens haben hier Behörden und die Eigenkontrolle des milliardenschweren Konzerns versagt. Ein staatlicher Durchgriff sieht anders aus. Vor diesem Hintergrund fordern wir als SPD-Bundestagsfraktion eine lückenlose, transparente und nachvollziehbare Überprüfung vom Acker bis auf den Teller. Die seit 1989 verbotenen PCB-Farben gehören laut UNO zu den sogenannten ‚dreckigen Dutzend‘. PCB sind zwar nicht akut toxisch, aber bei dauerhafter Einnahme giftig, da der Körper sie anreichert, aber nicht abbauen kann. Daher muss unverzüglich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dafür Sorge tragen, dass alle bauähnlichen Anlagen deutschlandweit überprüft werden. Es kann aber auch nicht angehen, dass ein global tätiger Konzern spätestens seit 2012 Bescheid weiß, aber nur 11 von rund 100 baugleichen Silos saniert hat. Hier hat das Management die Gesundheit der Verbraucher und Tiere riskiert und der Aufsichtsrat hat alle Augen zugedrückt. In der Land- und Ernährungswirtschaft muss endlich ein Kulturwandel stattfinden und die Politik in Hinterzimmern aufhören.

Am Donnerstagmorgen traf sich die AG Landwirtschaft mit Vertretern des Deutschen Bauernverbandes zu einem parlamentarischen Frühstück. Im Anschluss fand im Plenum die zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104c, 104d, 125c, 143e) statt. Denn damit der Bund den Kommunen bei der Verbesserung der Bildungsinfrastruktur und beim Bau von neuem bezahlbarem Wohnraum stärker helfen kann, müssen bestehende Vorschriften des Grundgesetzes, die eine solche Mitfinanzierung behindern oder sogar gänzlich ausschließen, geändert werden. Ich freue mich, dass die für eine Grundgesetzänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit zusammen mit den Fraktionen CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, und der Linken erreicht wurde. Endlich wird der Bund wieder mithelfen, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland an guten Schulen unterrichtet werden können. In den nächsten Jahren statten wir mit Bundesmitteln überall in Deutschland Schulen mit digitaler Technik aus. Zudem helfen wir mit, Ganztagsangebote für Grundschülerinnen und Grundschüler zu schaffen. Das ist ein wichtiger Schritt für gleiche Bildungschancen unabhängig vom Wohnort.

Nach einem Gesprächstermin zur Digitalisierung der Landwirtschaft ging ich ins Plenum, wo ein regelrechter Abstimmungsmarathon auf mich wartete.

Der Freitag startete mit der Kommunalkonferenz der SPD-Bundestagsfraktion zu gleichwertigen Lebensverhältnissen der SPD-Bundestagsfraktion. Gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen heißt, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass Menschen sich überall wohlfühlen können und das vorfinden, was sie zum Leben brauchen – in jedem Alter. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben und wie Politik in diesem Sinne Einfluss nehmen kann, haben wir auf der Konferenz zusammen mit unserer Vorsitzenden Andrea Nahles und unserer Familienministerin Franziska Giffey diskutiert.
Nachdem ich den Rest des Tages die Plenardebatten im Plenum verfolgte, fuhr ich zurück in die Heimat.

Ich wünsche Ihnen und Euch ein erholsames Wochenende und einen schönen ersten Advent!

Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB