Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichtes,
direkt im Anschluss an eine eindrucksvolle Delegationsreise nach Argentinien mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Landwirtschaftsausschuss widmete ich mich diese Woche wieder der Bundespolitik in Berlin.
Los ging es mit der Sitzung der AG Landwirtschaft. Neben der üblichen Vorbereitung auf die Ausschusssitzung am Mittwoch sprachen wir unter anderem über den aktuellen Sachstand zum Thema Hofabgabeklausel. Die Hofabgabeklausel verpflichtet Landwirte und Landwirtinnen zur Abgabe ihres Hofes als Voraussetzung für den Rentenbezug in der Alterssicherung. Wir fordern seit langem deren Abschaffung und wurden zuletzt durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in unserer Haltung bestärkt.
Am Rande der Fraktionssitzung am Dienstag traf ich mich mit unserer Umweltministerin Svenja Schulze, um mit ihr über meine Idee einer Agrar-Masterplattform zu sprechen. Die Landwirtschaft ist einer der Wirtschaftsbereiche in denen sich Digitalisierung und Datennutzung rasant weiterentwickeln. Aber eine nachhaltige und zukunftsweisende Landwirtschaft entsteht nicht von selbst. Die Bundesregierung muss sich für eine leistungsorientierte Förderung einsetzen, die Herausforderungen wie Klimaschutz, Biodiversität, Tierwohl und der Entwicklung ländlicher Räume gerecht wird. Die Situation der Landwirte in der langen Dürreperiode hat gezeigt, dass unsere Landwirtschaft ein intelligentes und anwenderfreundliches Daten-Management-System in Form einer Agrar-Masterplattform benötigt, welches die gesamte Prozesskette vom Feld bis zur Lieferung in den Handel abbildet. Die Landwirte werden so entlastet und können die Sicherheit der Prozesse, die Produktivität sowie die Produktqualität erhöhen. Eine solche Masterplattform schafft mehr Transparenz und gesellschaftliche Akzeptanz für unsere Landwirtschaft. Hierzu haben wir uns in der Sommerpause mit namhaften Forschungsinstituten, den Wirtschaftsverbänden, Agrarökonomen und der Landtechnikbranche in Berlin zusammengesetzt. Einig waren sich alle Teilnehmer in Bezug auf den Datenschutz und die Datensicherheit der Landwirte: sie stehen an erster Stelle und müssen garantiert werden. Optimal wäre es, wenn international verlässliche Standards geschaffen werden, die eine Kommunikation von Maschinen und Systemen herstellerübergreifend ermöglichen.
In der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses am Mittwoch sprachen wir unter anderem über die Fortentwicklung des europäischen Emissionshandels. Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union stellt ein zentrales Instrument der europäischen und nationalen Klimaschutzpolitik dar. In dieser Woche werden wir im Plenum über die Änderung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes in 2. und 3. Lesung abschließend beraten. Zukünftig soll es mehr Anreize für einen geringeren CO2-Ausstoß und eine effizientere Reduktion der Treibhausgasemissionen geben. Zudem werden mit der entsprechenden EU-Richtlinie Vorbereitungen für ein globales Klimaschutzinstrument im Luftverkehr getroffen, das in 2021 in Kraft tritt. Gegenwärtig wird der Luftverkehr beim Handel mit Emissionszertifikaten nur für innereuropäische Flüge einbezogen. Damit setzen wir die EU-Richtlinien in nationales Recht um. Dies macht den Weg für die Zuteilung der Emissionszertifikate im nächsten Jahr frei.
Anschließend ging es für mich ins Plenum, wo ich die vereinbarte Debatte zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland verfolgte. Trotz der im Grundgesetz definierten Aufgabe des Staates, für gleichwertige Lebensverhältnisse im Land zu sorgen, müssen wir leider immer noch feststellen, dass deutsche Städte und Regionen in verschiedenen Punkten große Unterschiede aufweisen. Dabei geht es insbesondere um die Arbeitslosenquote, die Mieten, den Zugang zu schnellem Internet sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur. Gute Lebensverhältnisse sind die Grundlage für ein gutes gesellschaftliches Klima. Für uns ist es eine Frage der Solidarität, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.
Den Tag rundeten zwei spannende und anregende Podiumsdiskussionen des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (kurz BÖLW), an denen ich teilnahm, ab. Im Rahmen der Diskussionsrunden haben wir eine Zeitreise in das Jahr 2030 gemacht und die Frage diskutiert, wie die Ernährung und Landwirtschaft in der Zukunft aussehen wird und welchen Weg wir einschlagen müssen. Ich habe in meinen Redebeiträgen deutlich gemacht, dass wir gesellschaftlich gewollte Leistungen honorieren müssen und nicht den reinen Besitz des Bodens. Wir wollen auf die Qualität der Produkte setzen und nicht auf deren Menge. Wir müssen ressourcenschonend wirtschaften und Umweltbelastungen reduzieren. Nur so wird die Landwirtschaft 2030 und darüber hinaus zukunftsfähig sein.

Am Donnerstag traf ich mich mit Christian Kobsda von der Leibniz-Gemeinschaft. In meinen fünf Jahren als Abgeordneter des Deutschen Bundestages habe ich leider feststellen müssen, dass der Wissenstransfer zwischen Forschung und Politik nicht immer ausreichend gegeben ist oder im Zweifel nicht abgerufen wird. Ich sehe in diesem Punkt deutliches Verbesserungspotenzial. Wenn wir eine innovative Politik in allen Bereichen des Lebens betreiben wollen, müssen wir auch über das nötige Wissen in der Forschung verfügen. Ich möchte einen besseren Austausch, in dem die Übermittlung von Forschungsergebnissen an relevante Zielgruppen in Politik regulärer betrieben wird.
Anschließend ging ich ins Plenum, wo ich nach einer namentlichen Abstimmung die Debatte zur Zukunft des INF-Vertrags verfolgte. Der Vertrag über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit mittlerer und kürzerer Reichweite wurde 1987 zwischen der Sowjetunion und den USA unterzeichnet und trat ein Jahr später in Kraft. Auch der Besitz, die Produktion und Flugtests mit Waffen dieser Kategorie sind verboten. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Gespräche zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Waldimir Putin debattierte der Bundestag über die Zukunft des Vertrages als Kernelement europäischer Sicherheit. Die Ankündigung Trumps, aus dem Vertrag austeigen zu wollen, bereiten mir und meinen Kolleginnen und Kollegen große Sorgen. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas machte in seiner Rede deutlich, dass der Vertrag ein Meilenstein sei, der beweist, dass Verständigungen auch in Zeiten extremer Konfrontation möglich sind. Ein Ausstieg der USA könnte Europa zum Schauplatz einer nuklearen Aufrüstungsspirale machen. Für uns als SPD ist klar: Sicherheit auf unseren Kontinenten kann es nur mit und nicht gegeneinander geben, doch dafür müssen wir mit einer Stimme sprechen.
Nach vier weiteren namentlichen Abstimmungen verbrachte ich den Rest des Tages im Plenum.
Der Freitag startete mit einer außerordentlichen Sitzung der SPD-Küstengang. Zu Gast war Vizeadmiral Andreas Krause, Inspekteur der Marine.
Anschließend nahm ich an der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages anlässlich der Zerstörung der Demokratie in Deutschland vor 75 Jahren teil. Die Rede, die Frank-Walter Steinmeier zum 100. Geburtstag der parlamentarischen Demokratie im Plenum des Deutschen Bundestages hielt, hat mich tief berührt und ich stimme ihm voll und ganz zu: Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft mit sich selbst im Gespräch bleibt. Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Erbe für das wir streiten müssen! Diese Rede beschreibt auf besondere Weise das Licht und den Schatten der deutschen Geschichte und verbindet sie mit dem Appell an einen Patriotismus der leisen Töne — einen demokratischen Patriotismus.

Mit diesem emotionalen Highlight endete eine spannende und arbeitsintensive Woche in Berlin für mich.
Ich wünsche Ihnen/Euch ein erholsames Wochenende,
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB