Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
in dieser Berlinwoche begleitete mich Wolf Goertz. Er ist ein Unternehmer aus Osnabrück und nimmt teil am Programm der Wirtschaftsjunioren, die einmal im Jahr junge Menschen aus der Wirtschaft nach Berlin einladen, um ihnen die Arbeit im Parlament näher zu bringen. Neben einem interessanten Rahmenprogramm gehen die Wirtschaftsjunioren mit „ihrem“ Abgeordneten zu diversen Terminen mit und erleben somit Politik hautnah.

Der Montag begann mit einem Werkstatt-Ggespräch zum Thema Evaluierung des Berufsbildungsgesetzes im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Direkt im Anschluss daran ging es zur AG Ernährung und Landwirtschaft. Zur Vorbereitung des Ausschusses haben wir über TTIP diskutiert. Ich habe angeregt, dass wir uns für dieses Thema in der nächsten Sitzung noch mehr Zeit nehmen sollten. Dienstags begann wie üblich mit der AG Bildung und Forschung. Nachmittags nahm ich an einem aufschlussreichen und interessanten Gespräch zum Thema TTIP teil. Schwerpunkt bildete die Rolle der Dienstleistungen innerhalb des Abkommens. Die Sorge der Bürgerinnen und Bürger, dass durch TiSA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit privatisiert werden könnten, wurde durch die gemeinsame Erklärung von US-Handelsbeauftragter Froman und EU-Kommissarin Malmström Ende März nun genommen. Weder TTIP noch TiSA werden zu einer Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen oder der Daseinsvorsorge führen. Damit kommt es zu keinen Beschränkungen in der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit von Regierungen und Kommunen.
Im Anschluss folgte die wöchentliche Fraktionssitzung, bei der die Erdgasgewinnung durch Fracking thematisiert wurde. Nach geltendem Recht ist Fracking zur Erdgasgewinnung in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Für uns Sozialdemokraten hat der Schutz der Menschen und der Umwelt jedoch absoluten Vorrang. Aus diesem Grund hat unsere Umweltministerin Barbara Hendricks zusammen mit Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der einen strengeren und transparenten Rechtsrahmen für Fracking schafft. Danach ist Fracking jeglicher Art in besonders sensiblen Gebieten verboten. Dazu zählen unter anderem Wasserschutzgebiete und Heilquellen sowie Gewässer und Gebiete, die für die Wasserversorgung genutzt werden. Ebenso wird dem unkonventionellen Fracking (also solches oberhalb von 3000 m Tiefe) zu wirtschaftlichen Zwecken bis auf weiteres ein Riegel vorgeschoben.
Ein weiterer Tagesordnungspunkt war die internationale Bildungsmobilität, die es durch den Bologna-Prozess zu fördern gilt. Nach wie vor bestehen Hindernisse bei der Mobilität von Studierenden. Probleme wie bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Studienleistungen oder die starren Strukturen des Studiums in Deutschland gilt es zu beheben. Der Mittwoch begann, wie in jeder Sitzungswoche, mit den beiden Ausschüssen Bildung und Forschung sowie Ernährung und Landwirtschaft, in dem ich eine Berichterstattung zu TTIP hatte. Über dasselbe Thema gab es anschließend eine lebhafte Diskussion mit Staatssekretär Matthias Machnig und Kollegen aus dem US-Kongress. Die Kongress-Abgeordneten messen dem Bereich Landwirtschaft eine entscheidende Bedeutung innerhalb von TTIP. Und gerade von demokratischen Abgeordneten wurden ähnliche Befürchtungen artikuliert wie sie auch in der Deutschen Öffentlichkeit immer wieder zu hören sind, wie z.B. Arbeitsplatzverlust oder Senkung von Standards.
Nachmittags traf sich der Bildungsausschuss mit einer Delegation aus Vietnam. Hier stand wieder unser duales Ausbildungssystem im Vordergrund. Im Anschluss daran ging es zur Sondersitzung der AG Ernährung und Landwirtschaft. Wie auf dem Foto unschwer zu erkennen, stand die Sitzung ganz im Zeichen der Äpfel. Sie symbolisieren die politischen Früchte, die wir mit unserer Arbeit auf dem Weg gebracht haben und jetzt ernten können: Positionspapiere und Anträge zu Ökolandbau, Gentechnik, Klontechnik, gesunde Ernährung und Tierschutz.

Den Tag ließ ich dann gemeinsam mit meinen Mitarbeitern und Herrn Goertz auf dem Frühjahrsempfang der SPD-Fraktion ausklingen. Der Donnerstag stand ganz im Zeichen der Bildungspolitik. Nachdem ich mir den Niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies im Plenum angehört habe, der zum Thema Fracking sprach, traf sich der Bildungsausschuss mit einer Delegation aus Mexiko.

Nachmittags folgte ein Expertengespräch zum Thema „Reformbedarf in der beruflichen Bildung“, das ich leider frühzeitig verlassen musste, um an der Plenardebatte zum Bologna-Prozess teilzunehmen. Im Anschluss daran traf sich der Bildungsausschuss erneut mit einer Delegation, diesmal aus der Moldau. In dieser Woche jährt sich das Ende des zweiten Weltkrieges zum 70. Mal. Am Freitag gedachten wir im Reichstag des unfassbaren Leids, das dieser Krieg verursachte, der 50 Millionen Menschen, die ihr Leben verloren, und der vielen Menschen, die er heimatlos machte. 40 Jahre nach Kriegsende hat der damalige Bundespräsident Richard von Weizäcker vor dem Deutschen Bundestag den 8. Mai 1945 zu Recht als einen Tag der Befreiung bezeichnet. Seine Worte sind uns auch heute noch eindrückliche Mahnung, der Wahrheit historischer Schuld ins Auge zu blicken und zugleich Aufforderung, Verantwortung für Gegenwart und Zukunft zu übernehmen. In Anerkennung unserer Geschichte sind wir in besonderem Maße gefordert, uns für Frieden und Menschlichkeit zu engagieren. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind leider auch in unserem eigenen Land nicht überwunden.
Anschließend traf ich mich mit einer Besuchergruppe. Im Reichstag führten wir ein facettenreiches Gespräch über meine Arbeit und Aufgaben als Abgeordneter. Dabei sprach ich insbesondere über meine Kernthemen im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, zum einen den Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren und zum anderen TTIP. In einer leidenschaftlichen Diskussion stellte ich die Position der SPD zum Freihandelsabkommen transparent dar: Wer nicht verhandelt, kann auch nichts erreichen.
Ich wünsche Ihnen und euch ein sonniges und schönes Wochenende!
Ihr / Euer Rainer Spiering, MdB