Liebe Leserinnen und Leser meines Wochenberichts,
das Schöne am Abgeordnetenmandat ist, neben vieler anderer Dinge, die große Bandbreite der Themen, mit denen ich mich beschäftigen darf. Auch diese Woche war wieder enorm abwechslungsreich.
Montag früh ging es mit einer Delegation des Ausschusses für Bildung und Forschung in die Schweiz. In Bern und Umgebung hatten wir einige Termine rund um das Thema Schweizer Berufsbildungssystem. Unter anderem empfing uns der Staatssekretär Mauro Dell’Ambrogio im Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), wo er uns einen sehr interessanten und grundsätzlichen Einblick in das Schweizer Bildungssystem präsentierte. Beispielsweise dauert die duale Erzieherausbildung dreieinhalb bis vier Jahre. Die Auszubildenden sind vertraglich bei den Einrichtungen angestellt und werden von diesen frei bezahlt. Die Prüfungen erfolgen durch die Verbände. Rund 40% der Betriebe bieten Ausbildungsplätze an.
Anschließend kamen wir mit dem Präsidenten der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, dem Nationalrat Matthias Aebischer, zusammen, der uns das Schweizer Berufsbildungssystem nahebrachte. In dem Gespräch war auch viel Raum für einen Vergleich der Berufsbildungssysteme in der Schweiz und in Deutschland. Auffällig fand ich vor allem die Tatsache, dass in der Schweiz 67% eines Jahrgangs in die Berufsausbildung gehen, während es in Deutschland mit rund 50% deutlich weniger Jugendliche sind. Allerdings können die Schweizer nach ihrer Berufsausbildung mittels einer Aufnahmeprüfung nahtlos in ein Studium übergehen, was in Deutschland so nicht möglich ist; sondern nur mit einer (Fach-) Hochschulberechtigung.
Weitere, ebenso interessante Einblicke erhielten wir dann bei den Terminen am Dienstag. Auch hier will ich mich auf zwei spezielle Termine begrenzen. Nach den theoretischen Einblicken des Vortages besuchten wir die Stämpfli Publikationen AG, um die praktische Seite der Ausbildungsbetriebe zu hören. Die Firma Stämpfli bietet diverse Ausbildungsberufe an. Diese reichen von der Drucktechnologie über den Polygrafen und dem Kaufmann bis zum Printmedienverarbeiter und noch weiter. Wie am Vortag der Nationalrat Aebischer, betonte auch Dr. Stämpfli die besondere Durchlässigkeit des Schweizer Systems. An dem sehr leichten Übergang ins anschließende Studium, machte er eine höhere Anerkennung der beruflichen Ausbildung fest. Zudem stellte er fest, dass die Berufsausbildung in der Schweiz auch bereits materiell interessant ist, was ebenfalls die höhere Jahrgangsquote an Auszubildenden erklären könnte.
Weiter ging es mit dem Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB). Das EHB ist für die Ausbildung der Berufsschullehrer verantwortlich. Sie können sich/Ihr könnt Euch vorstellen, dass dieser Termin für mich ganz besonders war. Das EHB ist dem Eidgenössischen Departement (-> Ministerium) für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) unterstellt, ist aber gleichzeitig eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. Das WBF legt für jeweils vier Jahre die Finanzierung fest und der Bundesrat bestimmt, ebenfalls für vier Jahre, die strategischen Ziele. Ganz allgemein gibt es für die angehenden Berufsschullehrer keine reine berufspädagogische Hochschule, stattdessen machen sie ein Fachstudium und im Anschluss daran lernen sie Berufspädagogik. Am Ende der Ausbildung steht als Abschluss das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis. Alle fünf Jahre überprüft die EHB, ob die Lehrinhalte noch mit den Berufsanforderungen übereinstimmen, oder ob sie angepasst werden müssen. Die Schweizer Berufsschullehrer kommen über eine rein akademische Laufbahn in den Beruf. Daneben gibt es Teilzeitberufsschullehrer, die jeweils für ein paar Jahre an die Berufsschulen gehen, aber nicht über die EHB in den Beruf kommen, sondern von den Fachschulen.
Am frühen Dienstagabend ging es dann zurück nach Deutschland. Der Mittwoch stand vor allem im Zeichen der Aufsichtsratssitzung des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL) in Quakenbrück. Geprägt war die Sitzung von der Beratung und der Verabschiedung einer Satzungsänderung. Durch die Satzungsänderung sind die Aufgaben des DIL künftig offener gestaltet, sodass die Tätigkeiten weiter gefasst werden können. Insbesondere die Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Universitäten soll damit vereinfacht und ermöglicht werden.
Am gestrigen Donnerstag war ich zunächst im Kreishaus. Dort stelle die niedersächsische Kultusministerin, Frauke Heiligenstadt, die neue Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen vor. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert mit seiner Initiative „Transferagenturen Kommunales Bildungsmanagement“ bundesweit für zunächst drei Jahre Transfereinrichtungen, die interessierte Kommunen beim Aufbau eines datenbasierten Bildungsmanagements unterstützen. Für Niedersachsen hat der „Trägerverein Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen e.V.“ einen entsprechenden Projektantrag gestellt, der genehmigt wurde.
Bildung ist eine zentrale Gestaltungsaufgabe kommunaler Selbstverwaltung. Da Bildungswege immer flexibler und Bildungsangebote vielfältiger werden, wird eine bewusste Koordinierung und Steuerung der Bildungsstationen vor Ort immer wichtiger. Ziel des kommunalen Bildungsmanagements ist es, Bildung innerhalb der kommunalen Verwaltungen als Querschnittsthema zu organisieren, die zahlreichen Akteure der Bildungslandschaft zu koordinieren und die vielfältigen Bildungs- und Beratungsangebote aufeinander abzustimmen. Mit der Einrichtung und dem Betrieb einer Transferagentur für Kommunales Bildungsmanagement in Niedersachsen soll ein aktiver Beitrag geleistet werden, Kommunen bei der Einführung oder Weiterentwicklung eines datenbasierten Bildungsmanagements zu unterstützen. Dazu werden ihnen die im Rahmen des Programms „Lernen vor Ort“ und darüber hinaus landes- und bundesweit gesammelten Erfahrungen und Ergebnisse zugänglich und nutzbar gemacht. Anhand derer können die Kommunen ihre Ausgangssituation analysieren und Bedarfe identifizieren, um geeignete Modelle und Instrumente des Bildungsmanagements auszuwählen und an die spezifischen regionalen oder lokalen Bedingungen anzupassen.
Später gab es noch einen Empfang im Rathaus Osnabrück, bei dem sich die Ministerin ins Goldene Buch der Stadt eintrug. Auf dem Weg ins Rathaus und im Rathaus selber, haben sich allerdings Szenen abgespielt, die mich wirklich irritiert haben. Von der Rathaustreppe bis zum Friedenssaal standen Vertreter des Philologenverbandes und Gymnasiallehrer mit Trillerpfeifen und Plakaten, die ihre Meinungsäußerung ausgesprochen geräuschvoll zum Ausdruck gebracht haben. Dem Grundgesetz sei Dank, ist dies das gute Recht eines jeden Mitbürgers in Deutschland. Irritation herrschte allerdings, weil offensichtlich deutlich mehr Wert auf Lärm als auf Diskussionsversuch und Gesprächsansatz gelegt wurde. Die Ministerin kam buchstäblich nicht zu Wort. Die im Klassenzimmer gewollte und von Gymnasiallehren eigentlich erwartete Gesprächskultur war nicht anzutreffen. Die Forderungen der Gymnasiallehrer bezüglich einer gefühlten Benachteiligung durch eine Stunde Mehrarbeit pro Woche muss doch, glaube ich, sehr relativiert werden. Soweit es meinen Kenntnisstand betrifft, müssen Gymnasiallehrer jetzt die Stundenanzahl absolvieren, die jeder wissenschaftlich ausgebildete Berufsschullehrer mit im Regelfall vorgelagerter Berufsausbildung schon immer leisten musste. Man kann im Sinne der Gleichbehandlung durchaus trefflich darüber diskutieren, ob die eine Gruppe über 40 Jahre benachteiligt oder die andere bevorteilt worden ist. Eine sehr persönliche Randbemerkerung: Im Laufe meiner langen Berufsschullehrerpraxis sind Klassenfahrten deutlich mehr eine Bereicherung meines Arbeitslebens als eine Belastung gewesen. Die Betroffenheit der Stundenverteilung an anderen Schulformen ist hier durch die Fokussierung auf die Gymnasiallehrer noch nicht diskutiert worden.

Abends war ich dann noch auf der Jahreshauptversammlung des Oldendorfer Ortsvereins in Melle, wo ich die besondere Freude hatte, drei Genossen zu ihrer langjährigen Mitgliedschaft zu ehren. Namentlich sind dies Ulrich Milch und Karl-Heinz Rüffer mit 25 Jahren Mitgliedschaft und Heinz Günter Redecker mit ganzen 50 Jahren. Für ihre langjährige Parteitreue bin ich sehr dankbar. Zudem gab Peter Bungard den Ortsvereinsvorsitz an Olaf Gehr ab, der einstimmig gewählt wurde. Ich bin mir sicher, dass er seine neue Aufgabe sehr gut bewältigen wird und wünsche ihm dabei alles nur erdenklich Gute.

Heute begann der Arbeitstag mit dem Arbeitskreis zur regionalen Ausbildungsagentur. Die Gründung dieser Agentur im Oktober 2014 hat die SPD/UWG-Gruppe bekanntermaßen in den Kreistag eingebracht. Im Arbeitskreis geht es um die konkrete Ausgestaltung dieser Agentur. Wir sind hier auf einem guten Wege.
Meine derzeitige Berliner Praktikantin, Charlotte Ottensmeier, und mein Berliner wissenschaftlicher Mitarbeiter, Alexander Bultmann, sind heute nach Osnabrück gekommen, um mich den Tag über zu begleiten. Bei der Gelegenheit habe ich Ihnen auch gleich einmal das Kreishaus gezeigt und den Fraktionsmitarbeiterinnen vorgestellt. Anschließend bin ich mit den beiden zu einem Termin bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefahren.

Morgen geht es dann noch nach Oldenburg zur Sitzung des Bezirksvorstandes.
Ich wünsche allen ein schönes und erholsames Wochenende.
Ihr/Euer Rainer Spiering, MdB